Rheinberg Als Pfadfinder bis nach Lourdes getrampt

Rheinberg · Norbert Rickings Erinnerungen an die frühen fünfziger Jahre. Schon damals reiste der Rheinberger nach Frankreich.

 Norbert Ricking (links) und sein Freund Hansel Terwiesche aus Rheinberg an der Porta Nigra in Trier

Norbert Ricking (links) und sein Freund Hansel Terwiesche aus Rheinberg an der Porta Nigra in Trier

Foto: Norbert Ricking

Vor wenigen Wochen feierte der Rheinberger Pfadfinderstamm Phönix St. Anna seine Volljährigkeit (die RP berichtete). Den 18. Stammesgeburtstag nahm Norbert Ricking zum Anlass, auf seine eigene Pfadfinderjugend zurückzuschauen. "Denn", so der 85-jährige, "eine aktive Pfadfinderschaft gab es auch schon zu meiner Jugendzeit."

Was viele vergessen haben: 1948 wurde erstmalig ein Stamm der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG) in Rheinberg gegründet. Einer der Stammesgründer und erster Vorsitzender war der damals der 17-jährige Norbert Ricking. Der Rheinberger erinnert sich: "Zu dieser Zeit waren wir noch nicht so viele Jungen. Wir hatten nur eine kleine Gruppe. Trotzdem haben wir viel unternommen."

So reiste Ricking schon Anfang der 50er Jahre - wenige Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs - mit Stammesführern aus Rheinbergs Nachbarschaft per Anhalter durch ganz Europa. "Zusammen mit Hansel Terwiesche, dem Stammesleiter in Meerbeck, bin ich bis nach Frankreich getrampt", berichtet der 85-Jährige. In Frankreich waren das Pfadfindertum schon damals weit verbreitet. Jugendherbergen boten für Mitglieder vergünstigt ein Bett für die Nacht und Essen an. Das kam den Stammesleitern zugute.

Kurz nachdem der Rheinberger seine Prüfung zum Dachdeckergesellen erfolgreich abgelegt hatte, startete das große Abenteuer. "Mit 100 Mark, die ich mit dem Decken eines Dachs verdient hatte, bin ich Anfang August in Rheinberg los", erzählt Ricking. Über Meerbeck, Königswinter, Trier und Luxemburg ging es zunächst nach Paris. "Auf dem Weg dorthin trennten sich oft die Wege von Hansel und mir. Wir haben Notizen in den Jugendherbergen hinterlassen, falls der andere auch dort landen sollte", erzählt Norbert Ricking. Mit einem dreitägigen Zwischenstopp in Paris, wo sich die Wege der Stammesführer kreuzten, ging es weiter nach Lourdes. "Ich habe meiner Oma versprochen, Wasser aus Lourdes mitzubringen. Das musste ich natürlich einhalten."

Zufällig traf der Rheinberger in St. Ingbert im Saarland auf einen Pharma-Vertreter, der viel in Krankenhäusern zu tun hatte und der seine Cousine kannte. Er nahm den jungen Ricking bis nach Remagen mit. Von dort aus fuhr der damals 21-Jährige mit den Zug nach Hause. Insgesamt zehn Tage dauerte die Reise. Ricking brachte neben dem Wasser aus Lourdes für seine Oma auch viele Erinnerungen und Fotos mit.

Rückblickend gesteht er, dass seine Reise nicht ganz ungefährlich war. "Ein Lkw-Fahrer, der mich mitgenommen hat, erzählte mir, dass er mal einen ,Mönch' einsteigen ließ. Es habe sich aber während der Fahrt herausgestellt, dass der Anhalter gar kein Mönch war. "Der Fahrer ist ihn an der nächsten Raststätte erfolgreich losgeworden", so Ricking. Er berichtet weiter: "Durch den guten Ruf der Pfadfinder hatte ich aber einen gewissen Vertrauensvorschuss. Es ist mir so etwas leichter gefallen, Mitfahrgelegenheiten zu finden."

Mit den Jahren wechselten der Vorsitz und die Mitglieder des Rheinberger Pfadi-Stammes. Norbert Ricking reichte den Stab an Hermann Wesling, der später an Bernd Thenagels weiter. Mitglieder zogen aufgrund ihres Studiums oder ihrer Berufstätigkeit weg und immer weniger neue Jungen traten ein. Der Stamm wurde aufgelöst. Erst 1999 wurde dann der neue Stamm ins Leben gerufen.

(RP)
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