Alpen Als auf der Hei noch Heidelbeeren reiften

Alpen · Großes Interesse an Bildern und Erzählungen über die alte Bönninghardt. Heute hält Karl Bröcheler Teil II des Vortrages.

 Karl Bröcheler, Ur-Bönninghardter, hat sich intensiv mit der Geschichte seiner Heimat befasst. Sein Wissen gibt er beim VHS-Vortrag weiter.

Karl Bröcheler, Ur-Bönninghardter, hat sich intensiv mit der Geschichte seiner Heimat befasst. Sein Wissen gibt er beim VHS-Vortrag weiter.

Foto: Armin Fischer

Karl Bröcheler ist Bönninghardter durch und durch und das bereits in der vierten Generation. Schon lange vor dem Krieg zog es seinen Urgroßvater aus Bislich auf die "Hei". Dort backte der Bäcker das Brot für die Bönninghardter. Er betrieb einen kleinen Laden und einen Bauernhof. "Man musste damals vielseitig sein, um die Familie über Wasser zu halten", erinnert sich Bröcheler. Wie es zu dieser Zeit dort ausgesehen hat, in welchen Häusern und Katen die Heier lebten, das zeigte der Hobby-Heimatforscher nun rund 80 interessierten Besuchern im Rahmen einer VHS-Veranstaltung im Alpener Ratssaal.

"Ich bin den Bönninghardtern mächtig auf den Keks gegangen mit der Frage, ob sie ein altes Foto für mich haben", sagt Bröcheler. Insgesamt 200 davon hat er bekommen. Sie zeigen eindrucksvoll die Entwicklung eines Ortes, der politisch zu den Kommunen Kamp-Lintfort, Issum, Sonsbeck und Alpen gehört.

Die Heier waren immer schon Selbstversorger. Ein Pferd, vier bis sechs Kühe, ein Dutzend Schweine und 20 Hühner besaßen sie im Durchschnitt. Dementsprechend waren ihre Häuser geschnitten, was Bröcheler beispielhaft anhand eines ehemaligen Bauernhauses am Besenbinderweg deutlich machte: "Vorne wohnte der Mensch und hinten das Vieh. Diese Häuser prägten die Landschaft." Neben den Gebäuden konnte Bröcheler auch immer etwas zu den damaligen Bewohnern sagen.

So mancher der überwiegend aus der Bönninghardt angereisten Besucher musste schmunzeln, als von "Fokken Agnes" oder "Blumme Fritz" die Rede war. Neben den Höfen gab es viele kleinere Katstellen. Die meisten davon verfügten weder über einen Strom- noch einen Wasseranschluss. "Brunnen gab es nur an jedem fünften Haus. Die wurden mit öffentlichen Mitteln gefördert und mussten der gesamten Nachbarschaft zur Verfügung gestellt werden", erläutert der Heimatliebhaber.

Um die Jahrhundertwende kamen die Heier zu ungeahntem Geldsegen. Solvay und Gewerkschaft Niederrhein haben mit Blick auf die Bodenschätze zahlreiche Häuser und Grundstücke erworben und an die Bewohner verpachtet. Das nutzte aber nur denjenigen, die den unverhofften Geldsegen sofort wieder anlegten. "Kurz darauf kam nämlich die Inflation, und so mancher Bönninghardter hatte für sein Häuschen ein Jahr später nur noch eine viertel Gans bekommen", erzählt der 76-jährige. Eine wichtige Einnahmequelle der Bönninghardter war über viele Jahre hinweg die Heidelbeere. "Wenn die Heidelbeeren reif waren, wurden die Kinder vom Unterricht befreit, um die leckeren Früchte zu ernten. Die Beeren wurden bis nach England exportiert. Es gab sogar mal eine Heidelbeerwein-Kelterei", berichtet Bröcheler. Die war allerdings nach vier Jahren insolvent und wich einer Dachpappenfabrik.

Zum Schicksal der Bönninghardter gehört auch, dass ihre berühmteste Einwohnerin ein Pferd war. Die Wunderstute "Bandola" war zwischen 1926 und 1929 das erfolgreichste Hindernispferd Deutschlands; ihr Ebenbild aus Bronze steht heute in Birten. Den Bandolahof, das zeigte das allgemeine Nicken, kennt heute noch jeder Heier.

Teil II des Vortrages findet heute um 19.30 Uhr im Alpener Ratssaal statt.

(erko)
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