Tag der Architektur Modernes Haus zeigt klare Kante

Das neue Pfarrheim von St. Walburgis Menzelen öffnet am Tag der Architektur seine Pforten. Das moderne Haus fügt sich ins historische Umfeld.

 Die große Schiebetür mit 28 Quadratmetern Glasfläche öffnet den Pfarrsaal in den Innenhof zur Kirche hin.

Die große Schiebetür mit 28 Quadratmetern Glasfläche öffnet den Pfarrsaal in den Innenhof zur Kirche hin.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Kantig. Eckig. Klar. Diese Attribute stehen für die geometrische Formensprache des neuen Pfarrheims von St. Walburgis in Menzelen-Ost. Massiv stellt sich das Gebäude im hellen Backsteinmantel an die Seite des denkmalgeschützten Torbogen-Hauses mit dem dunklen Ziegel. Der weiche Stein korrespondiert mit der äußerlichen Erscheinung des Gotteshauses. Das Haus, das vor gut einem Jahr fertig geworden ist, strebt nicht nach Dominanz. Es nimmt sich trotz aller Wucht zurück. „Die Bauherrin Kirche und wir als Architekten haben darauf geachtet, dass das Pfarrheim nicht in Konkurrenz zur Kirche tritt“, sagt Holger Hölsken. Der Architekt aus Menzelen ist Partner im Weseler Büro Eling, das viel Erfahrung hat mit kirchlichen Bauwerken. In St. Walburgis ist für fast eine Millionen Euro ein Ensemble entstanden, in dem historische Bausubstanz und moderne Funktionalität miteinander korrespondieren. Die Kirche bleibt die Mitte.

Die Bauleute wollen am Tag der Architektur ihr Haus zeigen, auf das sie zu recht stolz sind. „Doch wir möchten auch ein Bewusstein schaffen für Architektur“, sagt Hölsken. Die lebe von Auseinandersetzung. „Oft begegnet man allzu festen Vorstellungen, an denen der Architekt sich dann abmüht“, so Hölsken. Das sei bei den Verantwortlichen in Menzelen anders gewesen, wo es darum gegangen sei, nicht „historisierend“ zu bauen, sondern eine zeitgemäße, trotzdem verständliche Sprache zu finden.

 Die Planer sind beim Neubau des Pfarrheims dem Grundsatz gefolgt, „Sichtbeziehungen zur Kirche St. Walburgis“ zu schaffen. Denn die sollte im Zentrum bleiben.

Die Planer sind beim Neubau des Pfarrheims dem Grundsatz gefolgt, „Sichtbeziehungen zur Kirche St. Walburgis“ zu schaffen. Denn die sollte im Zentrum bleiben.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Das alte Pfarrheim war nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren. Es ist komplett abgerissen worden. Das machte den Weg frei, „dem Alten etwas Neues hinzuzufügen“. Dabei hätten sich der Kirchenvorstand und Pastor Dietmar Heshe als sehr offen gezeigt. „Ein bisschen mehr Reibung wäre vielleicht sogar reizvoll gewesen“, sagt Hölsken. Aber er sei mit dem Ergebnis, das immer auch ein Kompromiss aus kreativem Anspruch und wirtschaftlichen Möglichkeiten ist, zufrieden. „Das Ganze ist stimmig“, findet er.

Die breiten, flachen Stufen der großen Eingangstreppe laden ein, sich dem Haus zu nähern. Jugendliche mit Mountainbikes, Leute, die mit dem Handy Fotos machen möchten. Für Menschen mit Gehbehinderung gibt’s eine Rampe. Integrierte, mit Holz belegte Sitzfläche laden zum Verweilen. Durch eine gläserne Tür im Holzrahmen tritt man ins Foyer mit klösterlich hohen Mauern.

 Architekt Holger Hölsken vom Architekturbüro Eling-Architekten, Wesel.

Architekt Holger Hölsken vom Architekturbüro Eling-Architekten, Wesel.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die Einrichtung ist minimalistisch, setzt dennoch starke Akzente. „Ausladende Kronleuchter wären unpassend“, so Hölsken. Schlichte Glühbirnen unter zwei Platten aus gebürstetem Messing spenden LED-Licht, wenn keine Sonne mehr durch die üppigen Fenster scheint, die es hier im Übermaß gibt. Messing, ist das Material, aus dem in Gotteshäusern häufig Kerzenständer gemacht sind. Aus Messing sind auch die Kippgriffe – ebenso eine Eigenkomposition der Architekten – in den Schränken mit gebleichter Eichen-Oberfläche, die das Treppenhaus komplett ausfüllen und keinen Raum kosten. Die großflächigen, weiß getünchten Wände tragen „Kuhstallputz“. Weitgehend kahl bieten sie sich geradezu an für die Kunst. Ein perfekter Ausstellungsort.

Im von Licht durchfluteten Pfarrsaal dominiert an der hinteren Wand das Kreuz, das Kommunionkinder mit glänzenden goldfarbenen Mosaiksteinen ausgefüllt haben, im Zentrum ein blutroter Tropfen aus gebrochenem Glas. Der Saal öffnet sich hinter der gläsernen Schiebetür mit 28 Quadratmetern Glasfläche in den Innenhof zur Kirche. Die Grenze zwischen innen und außen wirkt fließend. Wenn’s draußen dunkel ist scheint von innen Licht ins Dorf, gibt Zeugnis für „einen lebendigen Ort“. Transparenz ist bauliches Programm. Überall finden sich „Sichtbeziehungen zur Kirche“. Ausladende Vorsprünge aus Stein, in die die Holzrahmen der Fenster eingelassen sind, betonen Sakralität, ebenso die stolze Raumhöhe von fast fünf Metern im Saal. Es herrscht fast andächtige Stille.

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