Waldspielplatz Bönninghardt Kuchen ist der Renner in der Trinkhalle

Alpen · Brigitte Kellerbach, gelernte Bäckerin, hat vor sechs Jahren das Waldbüdchen am Spielplatz in der Bönninghardt übernommen. Kinder lassen sich von ihr Tüten Buntes füllen, Erwachsene rühmen ihren selbst gebackenen Kuchen. Wir kennen den Favoriten.

 Gut sichtbar: Brigitte Kellerbach schreibt immer auf eine Tafel, welchen Kuchen sie gerade im Angebot hat.

Gut sichtbar: Brigitte Kellerbach schreibt immer auf eine Tafel, welchen Kuchen sie gerade im Angebot hat.

Foto: Armin Fischer (arfi)

„Ein Stück Kuchen unter 300 Gramm ist ein Keks“ steht auf einer kleinen Tafel an der dunkelbraun gestrichenen Holzfassade des Waldbüdchens am großen Spielplatz, der die Bönninghardt weit in die Region hinein bekannt gemacht hat. „Die Familien kommen aus dem Krefelder Raum, sogar aus Holland zu uns“, sagt Brigitte Kellerbach, „und aus dem ganzen Ruhrgebiet.“ Und das Revier hat den Kiosk, den sie nun seit sechs Jahren betreibt, jetzt geadelt. Die RVR-Ruhrtourismus führt ihn in der Top 50 der Trinkhallen im Pott. Eine Ehre, findet Kellerbach, die sich kaum Chancen ausgerechnet hatte, als sie sich auf Vorschlag ihrer Mitarbeiterin Andrea Bowski um die Aufnahme in den erlauchten Kreis der Angehörigen des „immateriellen Kulturerbes“ und damit um eine „Tüte Buntes“ am „Tag der Trinkhalle“ beworben hatte. Die kleine Wundertüte wird auf der Hei am Samstag von 15 Uhr an geöffnet.

Eine Trinkhalle im engen Sinne ist das Waldbüdchen natürlich nicht, auch wenn es offiziell als Kiosk mit Fensterverkauf gilt. Was den Ort abseits des Reviers aber so anziehend macht, sind die Kuchen, die Brigitte Kellerbach (59) alle eigenhändig backt. Die gelernte Bäckerin, die nur ein Jahr als Gesellin gearbeitet und danach viele Jahre Autoteile in alle Welt verschickt hat, hat immer davon geträumt, Kuchen aus eigener Herstellung zu verkaufen.

Ihr Traum ist wahr geworden, als der Förderverein für Naturschutz und Brauchtum vor sechs Jahren bei ihr anklopfte und fragte, ob sie nicht das Büdchen auf dem Waldspielplatz übernehmen möchte, das zuvor Monika Wache zwei Jahrzehnte geführt hatte. Kellerbach sah ihre Chance gekommen und sagte sofort zu. Mit ihrem Mann Rüdiger, ein ehemaliger Bergmann, sanierte sie das Holzhaus von Grund auf, baute eine komplett neue Küche ein und schuf auf der Terrasse unterm Dach eine einladende Außengastronomie.

 Rüdiger Kellerbach, ehemaliger Bergmann, unterstützt als „Mann im Hintergrund“ seine Frau Brigitte am Kiosk auf dem Waldspielplatz.

Rüdiger Kellerbach, ehemaliger Bergmann, unterstützt als „Mann im Hintergrund“ seine Frau Brigitte am Kiosk auf dem Waldspielplatz.

Foto: Armin Fischer (arfi)

An den Tag der offiziellen Einweihung kann sich die inzwischen 59-Jährige gut erinnern. „Es hat in Strömen geregnet.“ Es wurde ein langer Tag. Nach der Einweihung am Morgen, wurde am Abend Silberhochzeit gefeiert. Und fortan stand der Kiosk im schattigen Wäldchen auf der Sonnenseite. „Ich hab‘ den schönsten Job der Welt“, sagt Brigitte Kellerbach. Ihre Kuchenkreationen sind legendär. „An Sonn- und Feiertagen versorgt sie die ganze Bönninghardt mit ihrer Backkunst“, schwärmt der Ortsvorsteher Herbert Oymann: „Ihre Cappuccino-Torte, ein Gedicht.“ Bis zu zehn Kuchen gehen an guten Sonntagen über die Theke.

So kommen auch Erwachsene ohne Kinder oder Enkel zum Waldspielplatz, um es sich an dem halben Dutzend runden Tischen mit bequemen Korbsesseln bei Kaffee und Kuchen gut gehen zu lassen. Natürlich nur dem aus der Backstube. Auf der Terrasse gilt eine eherne Regel: „Das Mitbringen von Speisen und Getränken ist an den Tischen nicht erlaubt“, steht es gedruckt unter der Klarsichttischdecke.

„Es gibt sogar zwei Stammtische“, erzählt die backende Kiosk-Betreiberin mit Stolz. „Die Rentnertruppe“ kommt jeden zweiten Tag, die Damen aus dem Kindergarten „immer mittwochs“, wenn die Kinder in Sichtweite spielen. Auf den Tisch kommen vornehmlich Kaffee und Kuchen. Ein Fläschen Bier gönnen sich vor allem Radler, die hier im Wald ein Päuschen einlegen.

Um immer genug Nachschub zu haben, steht Brigitte Kellerbach, wenn der Kiosk geschlossen hat, in der Backstube, wo sie mit professionellem Gerät, das sie von ihrem alten Meister übernommen hat, ihre süßen Werke zaubert. „Thermomix ist Spielzeug“, entfährt es dem Profi am Backofen, der auf einen Zehn-Stunden-Tag kommt. Nicht mal am Montag, Ruhetag im Kiosk, gibt’s Ruhe. Nur im Winter – von November bis März – ruht der Betrieb im Büdchen. Dann ist Zeit zum Erholen, und in den zwei Wochen Urlaub, die Brigitte Kellerbach sich nun nach Ende der Sommerferien mit ihrem Mann Rüdiger gönnt: „Dann ist hier auf dem Spielplatz nicht mehr ganz so viel los.“

Doch danach freut sie sich wieder, im Fenster zu stehen, hinter der Spuckschutzscheibe aus Corona-Tagen, die sie noch nicht missen möchte. Davor die Kinder, artig in einer Reihe, um sich für einen Euro oder 50 Cent eine Tüte Buntes zu holen. Die Dosen mit den Verlockungen hat Brigitte Kellerbach gerade wieder gefüllt. Sie hat ein Herz für Kinder, die, so hat sie’s beobachtet, gut erzogen und viel disziplinierter sind als manch‘ ungeduldige Oma, „die sich einfach vordrängelt“. 

Eltern verlassen sich auf „die Mutter der Nation“, wie sich die stets gut gelaunte Brigitte Kellerbach nennt. Sie rufen an, um sich zu erkundigen, ob ihre Zöglinge gut bei ihr angekommen sind. Besonders ans Herz gewachsen sind ihre eine Handvoll Jungs, die sie schon als Knirpse kennt und die auch jetzt noch als Jugendliche zum Kicken kommen und sich brav verabschieden, wenn sie wieder gehen. 

Auch Ältere schätzen die Lokalität, die als Alleinstellungsmerkmal für einen Spielplatz auch eine großzügige Sanitäranlage hat. Am Büdchen werden Klassentreffen, Nachbarschaftsfeste und Geburtstage gefeiert, wie der einer Bönninghardterin, die im Saarland lebt und zu ihrem Jahrestag im September immer zum Feiern in die Heimat kommt.

„Das Büdchen ist die soziale Mitte im Dorf“, sagt der Ortsvorsteher. „Und Ideenschmiede.“ Bei Kaffee und einem Stück Cappuccino-Torte fielen einem die besten Dinge ein, Bönninghardt noch ein wenig reizvoller zu gestalten und dörfliche Gemeinschaft zu pflegen. Nur Pommes Schranke gibt’s keine. „Dafür fehlt mir der Platz in der Küche“, sagt die Bäckerin. Die nennt der Ortsvorsteher einen „absoluten Glücksgriff“. Mehr Kompliment geht nicht.

(bp)
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