Alpen Auftreten gegen das Vergessen

Alpen · Erinnerung an das Leben der Juden in Alpen als Mahnung für die Gegenwart. Rund 80 Bürger waren da.

 Prof. Leon Kaufmann (am Mikro) hat mal in Alpen gewohnt und war auch 1988 dabei, als die Gedenktafel angebracht worden ist.

Prof. Leon Kaufmann (am Mikro) hat mal in Alpen gewohnt und war auch 1988 dabei, als die Gedenktafel angebracht worden ist.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Gut 80 Bürger, Politiker und Geistliche haben sich an der Gedenktafel an die jüdische Gemeinde gegenüber dem Amaliencafé versammelt, um an die Progromnacht von vor 80 Jahren zu erinnern. Doe Pfarrer Hartmut Becks, Evangelische Kirchengemeinde, und Dietmar Heshe (St. Ulrich) führten für den Ökumene-Ausschuss in das Gedenken ein, ehe die beiden Hauptredner sprachen.

Der in den Niederlanden lebende, emeritierte Professor Leon Kaufmann, der 1988 bei der Einweihung der Gedenktafel dabei war, erinnerte an das jüdische Leben in Alpens. Die erste hier lebenden Juden seien 1714 dokumentiert. Es habe eine Religionsschule, die Synagoge und eine Mikwe, eine jüdisches Bad, gegeben. „Die Juden waren integriert und Teil der Gesellschaft“. Bis auch Alpen im Januar 1942 „judenfrei“ war, so Kaufmann.

Er berichtete aufgrund von Erkenntnissen des Alpener Historikers Peter Schmetter von den Greueltaten der Nazis in Alpen vor 80 Jahren. Sie zerstörten die jüdischen Häuser, attackierten drei jüdische Einwohner, inhaftierten alle männlichen Juden im Arrestkeller des Rathauses. Ein Weseler SS-Trupp plünderten die Synagoge in der Burgstraße und brannte sie nieder. 13 Juden aus Alpen seien später Opfer der „Shoa“ geworden. „Bitte setzen Sie diese Arbeit fort. Es ist eine sichtbare Aktion gegen das Vergessen“, dankte der Niederländer für das jährliche Gedenken. . Er regte an, die Gedenkfeier mit einem Rundgang entlang der „Stolpersteine“ zu kombinieren, die an den ehemaligen Wohnhäusern der Juden in den Gehweg eingelassen worden sind.

Peter Schmitter bekräftigte anschließend, dass „die Gegenwärtigkeit des Wissens ergänzt um neues Wissen zur Erinnerungskultur führt“. Das hätten die zurückliegenden 30 Jahre Gedenken am Mahnmal geleistet. „Das Wissen um den mörderischen NS-Staat muss die Orientierung für die Gegenwart sein“, so Schmitter. Er erinnerte an mehrere Alpener Bürger jüdischen Glaubens und ihre Nachfahren – Albert Oster, der 1938 in die USA emigrierte, dessen Familie aber in den Vernichtungslagern der Nazis umgebracht wurde. „Wir leben nicht geschichtslos. Es darf keine schweigende Mehrheit geben“, schlug Schmitter den Bogen zum Heute. „Moralisches Bewusstsein baut auf Erkenntnisse“, so der Redner. Er zitierte Artikel 1 des Grundgesetzes. „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“

Vize-Bürgermeister Kurt Verhülsdonk machte deutlich, wie wichtig es sei, sich dieser Vergangenheit zu erinnern. „Es ist erschreckend, wie wenige Jahre es gebraucht hat, Menschen aufzuputschen“ und unschuldige Menschen ohne Skrupel umzubringen. Heute sei so eine Mobilisierung aufgrund digitaler Technik „noch schneller“ möglich.

In den Gebeten wurde angesprochen, dass heute wieder „dumpfer Hass, böse Parolen, Schmähungen und aggressive Taten“ in Deutschland existieren. Die Formel dagegen laute: Heraustreten aus der schweigenden Masse und dem hässlichen Antisemitismus entgegentreten, wo immer er sich zeigt.

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