Neuer Niederrhein-Krimi Krimi-Autor Kohl steigt ab in die Kohle
Rheinberg · Erwin Kohls neuer Kriminalroman „Mörder in der Grube" ist im Kölner Emons-Verlag erschienen. Diesmal ermittelt Privatdetektiv Lukas Born im Umfeld der Kamp-Lintforter Zeche. Die Premierenlesung ist am 6. Oktober in Sonsbeck.
In der Disziplin „Wie führe ich meine Leser an der Nase herum“ ist Erwin Kohl meisterlich. Liest man den neuen Krimi „Mörder in der Grube“ des Alpeners, so glaubt man an mehreren Stellen, dem Übeltäter oder der Übeltäterin auf die Schliche gekommen zu sein. Jener Person X, die für den Tod von Matthias Buschmann und vielleicht auch noch für den einen oder anderen Mord verantwortlich zu sein scheint. „Ja!“, entfährt es einem beim Lesen, um dann plötzlich feststellen zu müssen: Pustekuchen, von wegen, der oder die war es ja gar nicht. Erwin Kohl hat uns wieder in die Irre geführt. Sitzt jetzt vermutlich zu Hause, reibt sich die Hände und hat wahrscheinlich eine mörderische Freude daran, dass es eben doch nicht so einfach ist, seine Krimi-Nuss zu knacken.
Im Gegenzug dürfen sich die Leserinnen und Leser darüber freuen, dass in Erwin Kohls Krimi-Kosmos die Welt noch in Ordnung ist. „Mörder in der Grube“ ist Kohls 15. Roman, und es ist der fünfte Fall des unfreiwilligen Privatermittlers Lukas Born. Beim Lesen ist es, als fahre man alte Freunde und Bekannte besuchen. An jeder Ecke ein Hallo. Es hat sich kaum etwas verändert im Umfeld von Lukas Born. Der Gladbach-Fan wohnt – inzwischen zusammen mit seiner Lebensgefährtin Linda– und dem treuen Vierbeiner Manolo nach wie vor auf dem Labbecker Campingplatz Happy Eiland. Der heißt in in echt Campingpark Kerstgenshof. Born ist nach wie vor ständig klamm, tuckert immer noch mit seinem alten Diesel Emma durch die niederrheinische Tiefebene, zankt sich mit seiner Ex-Frau Julia rum, die bei der Kripo in Krefeld Karriere macht, während er dort rausgeflogen ist. Weil er mal einem Tatverdächtigen im Verhör Prügel angedroht hat.
Jetzt schlägt er sich als Privatschnüffler mehr schlecht als recht durch. Zum Glück hat er weiterhin die Soko Happy Eiland an seiner Seite. Freunde, die ihm als leidenschaftliche Amateure ein professionelles Ermittlungsteam ersetzen. Und auch die Kultband Glam Bam bekommt wieder ein Ehrenplätzchen im Buch. Diesmal auf Seite 95. Alles beim Alten also. Neu ist Siggi Lehmann, ein echter Polizist, der der Geschichte gut tut und der Lukas Borns Kumpel wird.
Das neue Buch ist flott und kurzweilig erzählt. Kohl schreibt so, wie man spricht am Niederrhein. Aber präzise formuliert und gut strukturiert. Detailreich, mit viel Orts- und Menschenkenntnis – von einem Niederrheiner, der Land und Leute kennt, liebt und versteht. Und dem keine Fehler unterlaufen, wenn er Orte, Straßen, Abkürzungen, Unterhaltungen beschreibt. Die Krimis des 62-Jährigen sind eben nicht nur ausgefuchste, spannende Kriminalgeschichten, sondern auch liebevoll inszenierte Heimatbücher. Wer sie gelesen hat, müsste eigentlich verstanden haben, wie Niederrheiner ticken.
Und auch, wie Bergleute aus Kamp-Lintfort gestrickt sind. Diesmal steigt Kohl in die Kohle ab. Ex-Kumpel Matthias Buschmann, ohnehin dem Tode geweiht, wird tot im Keller seines Zechenhauses in Lintfort gefunden. Treppe runtergefallen, obwohl er schon lange nicht mehr in den Keller gegangen ist. Seiner Tochter kommen Zweifel. Sie glaubt nicht an einen Unfall. Und hat natürlich recht. Sie beauftragt Lukas Born, erfahrenes Trüffelschwein unter den Schnüfflern, mit der Aufklärung.
„Mama, hol’ mich vonne Zeche, ich kann dat Schwatte nich mehr seh’n“, sagt man im Kohlenpott. Genau das ist wichtig. Es beginnt eine Reise ins Schwarze, in die unterirdische Welt der schwarzen Diamanten und in eine Kneipe dieses Namens. Bald dreht sich die Story um Mattes Buschmanns alte Kumpels Hans-Gerd „Schüppe“ Schipper, Pitter Korczak und Jupp Kutowski. Und um den Steiger Rolf Kaspers, der schon lange nicht mehr lebt.
„Mörder in der Grube“ spitzt sich zu, ist spannend. Es geht auch darum, dass Traditionen und Schwüre von Zusammenhalt und Ehre manchmal doch nicht so viel wert sind, wie immer erzählt wird. Nämlich dann, wenn die Niedertracht die Überzeugung verdrängt. Aber auch diesmal, das darf man verraten, gibt es ein Happy End auf Happy Eiland: Lukas Born bringt das Böse zur Strecke. Weil eben auch ein versöhnliches Ende zum Niederrhein gehört wie Mayo auf die Pommes.