Energiewende in Alpen Veener Windriesen sind Auslaufmodelle

Seit Dezember 2002 sind die drei Windräder in Veen am Netz. Damit geht ihre gesetzliche Laufzeit von 20 Jahren dem Ende entgegen. Offen ist noch, was danach passiert.

 SPD-Politiker René Schneider (Mitte) lässt sich auf seiner Sommertour „Hoch hinaus“ von Dieter Braams und Melanie Haltenhof die Situation des Windparks in Veen erklären. Dabei wurde auch die offene Frage erörtert, ob’s hier auf dem Acker nach dem Abriss der drei Windriesen Strom produzierende Nachfolger geben wird.

SPD-Politiker René Schneider (Mitte) lässt sich auf seiner Sommertour „Hoch hinaus“ von Dieter Braams und Melanie Haltenhof die Situation des Windparks in Veen erklären. Dabei wurde auch die offene Frage erörtert, ob’s hier auf dem Acker nach dem Abriss der drei Windriesen Strom produzierende Nachfolger geben wird.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Die Sonne steht hoch über dem Rübenacker am Schanzweg in Veen. Der Landwirt hat hier seine Arbeit gerade erledigt. Er klappt die blauen Flügel der Feldspritze ein. Am wolkenlosen Himmel zeigt sich noch der Mond, wenn auch nur blass. Vögel zwitschern fröhlich ihre Lieder. Ein ländliches Idyll mit auffälliger Landmarke. Drei Windriesen recken sich knapp 100 Meter in die Höhe, um hier reiche Ernte einzufahren. Das Trio hat’s in die Skyline von Veen geschafft, die als Aufkleber auf Autoblechen im Krähendorf beliebt ist. Doch die Riesen sind, anders als der Turm von St. Nikolaus im Hintergrund, nicht für die Ewigkeit gebaut. Ihre Zeit läuft ab. In knapp drei Jahren könnte Schluss sein.

Dann sind sie nach einer Laufzeit von 20 Jahren abgeschrieben und müssen vermutlich Platz machen. Danach kommt kein Geld mehr nach Energieeinspeisegesetz (EEG). Ob’s sich der Weiterbetrieb dann noch rechnet, müsse genau geprüft werden. Das sagt Melanie Haltenhof, Betriebswirtin der SL Naturen­ergie in Gladbeck, die das Windpark-Projekt in Veen betreut, an dem rund 100 Teilhaber involviert sind.

Noch lohnt sich das Geschäft, erfährt SPD-Landtagsabgeordneter René Schneider, der hier auf seiner Sommertour unter dem Motto „Hoch hinaus“ Station macht. Renditen bis zu 15 Prozent würden den Einlegern in der profitablen Endphase des Projektes gut geschrieben, so die Betriebswirtin. Da kann der Sparbuch-Besitzer nur staunend in die Rotoren mit 70 Metern Durchmesser blicken. Kein Wunder, dass interessierte Anwohner sich in der SL-Zentrale melden, wenn sich mal ein, zwei Tage nichts dreht, wie Techniker Dieter Braams schmunzeld erzählt. An diesem sommerlichen Morgen weht nur ein laues Lüftchen. Es dreht sich nicht viel. Erst als die Gruppe um den tourenden Politiker den runden Baukörper aus Stahlbeton betritt, pfeift und knarzt es im Maschinenraum. Die Leistungsanzeige im Display springt von Null auf 15 kw/h. Immerhin. Ein Windrad kommt im Jahr auf 2,9 Millionen kw/h. Das Trio produziert Strom für rund 2500 Haushalte und könnte damit den Großteil des Bedarfs in Alpen abdecken.

Der Blick ins Innere am Fuß des 98 Meter hohen Pfeilers – rechts die Aufstiegshilfe, hinten die elektronische Zentrale, die jederzeit anzeigt, welche Leistung das Windrad gerade bringt.

Der Blick ins Innere am Fuß des 98 Meter hohen Pfeilers – rechts die Aufstiegshilfe, hinten die elektronische Zentrale, die jederzeit anzeigt, welche Leistung das Windrad gerade bringt.

Foto: Fischer, Armin (arfi)

Der Abriss der einst je 1,8 Millionen Euro teuren Windriesen ist eingepreist ins Invest. Auf eine Ziffer aber, wie teuer der Abriss letztlich sei, lässt sich Haltenhof nicht ein. Allein das Fundament misst einen Durchmesser von 16 Metern und reicht vier Meter in den Boden. „Die Entsorgungskosten für den Hybrid aus Stahl und Beton schwanken sehr stark“, sagt sie. Aber es seien Rückstellungen gebildet, um der gesetzlichen Abrisspflicht nachkommen zu können.

Noch weniger konkret sind derzeit die Vorstellungen, wie’s hier von 2023 an weitergehen wird in Sachen natürlicher Energie. „Man muss prüfen, was geht, und ob sich Repowering am Standort rechnet“, sagt die Betriebswirtin. Heißt: Wenn neue Riesen gebaut würden, wären die deutlich größer als die jetzigen. Ein Gigant würde so viel Energie einfahren wie drei bis vier Mühlen der jetzt auslaufenden Generation.

Trotz der ausgerufenen Energiewende sei das gesellschaftliche Umfeld für Windenergie weiter „recht schwierig“, so Haltenhof. Gern hätte ihr Chef Klaus Schulze-Langenhoff René Schneider auf seiner „Hoch hinaus“-Tour in Veen empfangen. Aber „SL“ hat keine Zeit. Er sei in politischer Mission unterwegs und an diesem Morgen leider unabkömmlich. Er gilt als Windrad-Papst im Land, dem natürliche Energie „auch eine Herzensangelegenheit“ sei. Windkraft-Betreiber befänden sich aktuell in Turbulenzen, so die Betriebswirtin. Einerseits seien Windmühlen der neuesten Generation hocheffizient, anderseits verlängere NRW gerade im Landesentwicklungsplan (LEP) die Mindestabstände der Anlagen zur Wohnbebauung auf 1,5 Kilometer.

Das verleitet den Oppositionspolitiker zu der polemischen Bemerkung, dass selbst Atommeiler Wohnsiedlungen näher kommen dürften – ein anderes Thema.

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