Unsere Woche Hin- und hergerissen

Meinung · Die AfD tritt in Orsoy auf, die Hanau-Morde erschüttern die Welt und im Karneval wird geschunkelt und gefeiert. Eine Woche der Gegensätze.

Am Dienstag demonstrierten rund 250 Menschen gegen eine Veranstaltung der AfD im Orsoyer Hof.

Am Dienstag demonstrierten rund 250 Menschen gegen eine Veranstaltung der AfD im Orsoyer Hof.

Foto: Ostermann, Olaf (oo)

Das politische Wirrwarr in Thüringen, Björn Höcke und der völkisch-nationale Flügel: Die AfD ist allgegenwärtig. Nun steht sie vor unserer Haustür. In Orsoy bekamen die Rechtspopulisten für viele Rheinberger erstmals ein Gesicht. Denn erstmals sorgte eine Veranstaltung der AfD im Orsoyer Hof für Aufregung.

Plötzlich stehe ich mittendrin in einer Mahnwache, zwischen mehr als 250 Demonstranten gegen Rechts, zwischen Bekannten und Nachbarn auf der einen Seite. Und komme ins Gespräch mit AfD-Funktionären auf der anderen. Die Sorge vor Faschismus, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit – das alles geht mir dabei durch den Kopf. Und natürlich die Frage: Wie geht man mit den Rechten um? Ich spüre, dass sich diese Begegnungen nicht so schnell aus den Kleidern schütteln lassen.

Nur zwei Tage später Hanau. Brutale Morde, offensichtlich rassistisch motiviert, erschüttern die Welt. Ein Budberger ruft mich an. Ein Mann über 80, dessen Sohn in Hanau lebt und arbeitet, schildert mir seine Gefühlslage wie sehr Ereignisse wie in Orsoy und Hanau ihn mitnehmen. Weil sie ihn an seinen Kindheit im Krieg erinnern.Sie wühlen ihn auf. Auschwitz, der Krieg, die Nazis. Das alles dürften wir als Lokalredakteure nicht vergessen, mahnt er sichtlich aufgewühlt. Auch die Gedanken dieses Mannes drehen sich in meinem Kopf.

Und dann Karneval. Ausgelassene Freude an Altweiber, Fröhlichkeit, nette, friedliche Menschen, die Vorfreude auf Umzüge und Büttensitzungen. Ich sehe Fragezeichen in den Augen mancher Karnevalisten. Können, dürfen wir in diesen Tagen jetzt noch uneingenommen feiern, fragen sie. „Es kann auch uns treffen“, sagt einer.

Die Gefühle fahren Achterbahn. Auch am Niederrhein hat sich was verändert. Ich sage trotzdem Helau und wünsche wunderschöne Karnevalstage. Ich merke aber: Bevor ich diese Worte tippe, muss ich erst einmal tief Luft holen und schlucken. Was für eine Woche.

Uwe Plien

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