Historiker nehmen Stellung zu Schöndelings Aussagen Zweifel an Objektivität des Gutachters

Die öffentlichen Äußerungen von Dr. Norbert Schöndeling, der im Auftrag der Fachhochschule Köln die Untersuchungen zu Haus Meer leitet, haben Zweifel an dessen Objektivität geweckt. Dies teilt Dr. Peter Dohms, Leiter des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf, nach Gesprächen mit Fachleuten mit.

Schöndelings Ausführungen seien "vage und tendenziös" und nähmen Ergebnisse vorweg, die die Untersuchung erst zeitigen soll. Dabei beruft sich Dohms unter anderem auf zwei namhafte Archäologen, deren Stellungnahmen der Redaktion schriftlich vorliegen. "Der Gutachter spielt (im Sinne von Stadt und Eigentümer?) den längst festgestellten Denkmalwert herunter und redet damit einer Nutzung des Areals ohne Auflagen das Wort", ist das Fazit von Guido von Büren aus Jülich. Mit seinen verbalen Angriffen auf die "privaten Denkmalschützer" der Aktionsgemeinschaft Rettet Haus Meer - die bekanntlich für eine denkmalverträgliche Bebauung eintreten - habe er indirekt Stellung zu der späteren Nutzung bezogen.

Und wenn er von der "nebulösen Klostergeschichte" spreche, offenbare er damit nur sein "unvollkommenes Wissen". Einen Erklärungsgrund liefert Dohms: Zurzeit würden für Schöndeling im Staatsarchiv Quellenhinweise zusammengetragen, die aber von dem Gutachter bisher nicht gesichtet wurden. So sei die Quellenlage auch alles andere als "dürftig", wie dieser behauptet hatte. Der Urkundenbestand umfasse immerhin 387 Schriftstücke. In diesem Zusammenhang die 600 Jahre währende Klostergeschichte herunterrechnen zu wollen, indem er sie der 2.000-jährigen Gesamtgeschichte gegenüberstellt, nennt Dohms "abwegig und unangemessen".

Ebenso wie der Jülicher Historiker kritisiert auch Dr. Christoph Reichmann, Leiter des Museums Linn, dass Schöndeling "den Denkmalwert vorrangig nach den noch aufrecht stehenden Bauteilen bemisst". Das Kloster Meer sei aber gerade als Bodendenkmal bedeutsam und es sei in wesentlichen Teilen noch erhalten. Durch eine Verwirklichung der - noch geltenden - Bebauungspläne würde ein großer Teil zerstört, fürchtet Reichmann. Daher werde das Rheinische Amt für Bodendenkmalpflege darauf bestehen, die Fläche jedes Neubaus vor Baubeginn auszugraben. Dabei könne man nicht von "Lustgrabung" sprechen. Die Kosten würden bis zu sieben Prozent der Bausumme dem Eigentümer aufgebürdet.

Aber: "Die Einstufung als Bodendenkmal verhindert in den wenigsten Fällen alle Bodeneingriffe", weiß auch Reichmann. Die von Agne geplante Wiederfreilegung des barocken Klosterkerns sei nicht als "mutwillige Zerstörung archäologischer Substanz anzusehen". So könnte man der Bevölkerung "sichtbare und begreifbare Hinweise auf die frühere Klostergeschichte bieten," findet der Historiker weiter. Da das Gutachten keine formaljuristische Bedeutung hat, schlägt von Büren vor, die Ergebnisse bei einer Tagung zur Diskussion zu stellen.

(NGZ)
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