Rhein-Kreis Neuss "Zeit der Trauerarbeit ist für FDP vorbei"

Neuss · Der FDP-Kreisvorsitzende über Ziele bei der Kommunalwahl 2014, Bedingungen für Koalitionen und über seinen neuen Job.

 Für den früheren FDP-MdB, Bijan Djir-Sarai, beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Der ausgebildete Betriebswirt fängt bei der ITK Rheinland an.

Für den früheren FDP-MdB, Bijan Djir-Sarai, beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Der ausgebildete Betriebswirt fängt bei der ITK Rheinland an.

Foto: lber

Herr Djir-Sarai, wie geht es Ihnen?

Bijan Djir-Sarai Die Wahlniederlage hat sehr wehgetan. Doch die Trauerarbeit ist vorbei. Wir haben die Situation sauber analysiert und blicken wieder optimistisch in die Zukunft. Es gibt in Deutschland mehr liberale Menschen, als die, die uns bei der Bundestagswahl gewählt haben. Die werden wir in den nächsten Jahren für die FDP gewinnen und stärker als je zuvor zurückkommen. Das werden wir bereits bei der Europa- und Kommunalwahl im Mai beweisen. Wir treten dann mit guten Kandidaten an, und wir werden achtbare Ergebnisse einfahren.

Bei allem Respekt, das hört sich nach dem kleinen Jungen an, der sich mit Pfeifen im Wald selbst Mut macht. Worauf gründet Ihre Zuversicht?

Djir-Sarai Die Große Koalition bedeutet große Belastungen für die Bürger in unserem Land. Das wird jeden Tag deutlicher. Daher wird auch die Sehnsucht nach einer starken und gut aufgestellten FDP wieder zunehmen. Bundesweit haben wir seit dem 22. September mehr als 2000 Neumitglieder aufgenommen. Im Rhein-Kreis hat die FDP 17 neue Mitglieder gewonnen. Das ist ein satter Saldogewinn, denn wir hatten nur zwei Austritte.

17 neue FDP-Mitglieder machen noch keinen Wahlerfolg ...

Djir-Sarai Wir haben für den Kreistag aber auch in den Städten und Gemeinden erstklassige Kandidaten anzubieten, die für liberale Politik stehen, an die FDP glauben und bereit sind, auch hart zu kämpfen. Die Stimme der FDP wird im Wahlkampf nicht zu überhören sein.

Sie werden wieder als FDP-Spitzenkandidat für den Kreistag antreten?

Djir-Sarai Das letzte Wort haben unsere Mitglieder, aber ich bin bereit dazu, die FDP-Liste anzuführen. Die Entscheidung fällt auf dem Kreisparteitag am 11. Januar in Korschenbroich. Ich kann mir aber vorstellen, dass wir im Kreistag die Aufgaben besser aufteilen. Ich würde gern Fraktionsvorsitzender bleiben. Das Amt des stellvertretenden Landrates könnte dann — bei einem entsprechenden Wahlausgang — ein Parteifreund übernehmen.

Die Union hat sich im Bundestagswahlkampf konsequent von der FDP abgegrenzt. Hat Sie das enttäuscht?

Djir-Sarai Nein, ich bin nicht enttäuscht. Jede Partei ist für ihr Wahlergebnis allein verantwortlich. Es gibt keine Schützenhilfe von anderen Parteien. Die Haltung der Union im Bundeswahlkampf macht uns in Wirklichkeit doch frei. Das ist gut so.

Wie meinen Sie das?

Djir-Sarai Wir sind dem Bürger und uns verpflichtet — ansonsten niemanden. Schauen Sie sich die Themen in Berlin an. Die Merkel-CDU ist mit dem Vertrag zur Großen Koalition sozialdemokratischer geworden. Wenn die Union nach links rückt, dann ist die FDP die letzte Partei der bürgerlichen Mitte.

Das hört sich nicht so an, als würden Sie unbedingt die schwarz-gelben Bündnisse im Kreistag und den Stadträten fortsetzen wollen.

Djir-Sarai Wir werden im Wahlkampf deutlich machen, dass eine starke FDP für die Menschen in unserer Region wichtig ist. Wenn wir wissen, welchen Auftrag der Wähler uns gibt, dann schauen wir weiter. Im Kreistag arbeiten wir mit der CDU vertrauensvoll zusammen. Es spricht nichts dagegen, dass wir dieses erfolgreiche Bündnis fortsetzen. Aber wir legen Wert darauf, dass jedem bewusst ist: Das Bündnis ist erfolgreich, weil die FDP dabei eine so starke Rolle spielt.

Wird es 2015 wie bereits 2009 einen gemeinsamen Landratskandidaten von CDU und FDP geben, der Hans-Jürgen Petrauschke heißt?

Djir-Sarai Darüber entscheiden die Gremien von CDU und FDP — aber vermutlich nicht mehr vor der Kommunalwahl im Mai 2014. Ich persönlich kann mir vorstellen, dass Hans-Jürgen Petrauschke auch der Landratskandidat der FDP ist.

Auf dem Dezernenten-Flur im Kreishaus ist noch eine Stelle unbesetzt. Das Vorschlagsrecht liegt bei der FDP. Wann werden Sie davon Gebrauch machen?

Djir-Sarai Wichtig ist, dass die gesamte Verwaltung gut funktioniert und ihre Aufgaben im Sinne der Menschen im Kreisgebiet gestaltet. Das ist der Fall. Wir stellen uns natürlich auch die Frage, wie die Zukunft der Verwaltung aussehen kann. Hier muss selbstverständlich jede weitere personelle Entscheidung zu einer Verbesserung der Verwaltungsarbeit führen.

Eine gemeinsame Findungskommission von CDU und FDP sucht in Neuss einen gemeinsamen Bürgermeisterkandidaten. Wie kommen Sie voran?

Djir-Sarai Die Gespräche laufen gut. Ich bin sicher, dass wir eine geeignete Persönlichkeit finden werden.

Was ist der Preis der FDP, wenn Sie einen Bürgermeister-Kandidaten mit CDU-Parteibuch unterstützen? Wollen Sie das Vorschlagsrecht für einen Beigeordneten im Neusser Rathaus?

Djir-Sarai Das Parteibuch spielt weder beim Bürgermeister noch bei einem Beigeordneten eine Rolle. Wir benötigen eine Persönlichkeit als Bürgermeister, die fachlich den Konzern Stadt lenken kann und eine Vision besitzt, wie sich Neuss in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln soll. Die FDP verfügt auch über gute Köpfe. Ja, die könnten auch Verantwortung übernehmen. Bürgermeister, Vize-Bürgermeister, Beigeordneter — alles wäre aus liberalen Sicht durchaus möglich

Als MdB haben Sie engen Kontakt zu den Bürgermeistern im Wahlkreis gehalten. Wird der Kontakt abreißen?

Djir-Sarai Das hoffe ich nicht, denn als Kreispolitiker gibt es ja auch immer thematische Schnittmengen. Mein Verhältnis zu Ursula Kwasny in Grevenbroich, Herbert Napp in Neuss, Albert Glöckner in Rommerskirchen und Peter-Olaf Hoffmann in Dormagen ist vertrauensvoll und menschlich angenehm. Nehmen Sie zum Beispiel Peter-Olaf Hoffmann. Der ist doch ein Glücksfall für die Stadt. Ich wünsche mir persönlich, dass er Bürgermeister bleibt. Er tut Dormagen gut.

Für Sie fängt heute als Mitarbeiter der ITK-Rheinland ein neuer Lebensabschnitt an. Freuen Sie sich?

Djir-Sarai Die ITK-Rheinland ist der große kommunale IT-Dienstleister für die Kommunen hierzulande. Ich freue mich, dass ich als Betriebswirt Teil einer exzellenten Mannschaft sein darf. Ich trete meinen Dienst hochmotiviert an.

LUDGER BATEN FÜHRTE DAS GESPRÄCH

(NGZ)
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