Branchentreff in Neuss Wie sich beim Weizenanbau CO2 einsparen lässt
Neuss · Eine Möglichkeit, in der Landwirtschaft CO2 einzusparen, zeigte Christoph Kempkes, Vorstandsvorsitzender von RWZ vor den Mitgliedern des Vereins Neusser Produktenmarkt auf.
CO2-Reduktion in der Landwirtschaft ist möglich und finanziell leistbar. Diese Mutmacher-Botschaft machte Christoph Kempkes, Vorstandsvorsitzender von RWZ, der Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main AG in Köln, bei der Mitgliederversammlung des Vereins Neusser Produktenmarkt im Restaurant Kohlmann’s an der Mühlenstraße. Ein gut aufgelegter, frisch wiedergewählter Vorsitzender Johann-Andreas Werhahn hatte ihn als Hauptredner zum Thema Klimawandel eingeladen. Die Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main AG gehört zu den größten Agrarhandelshäusern Deutschlands. Mit drei Milliarden Euro Umsatz in 2022 gehört sie zu den 300 größten Unternehmen in Deutschland.
Und Kempkes konnte liefern: RWZ und das Chemieunternehmen BASF haben in einer gemeinsamen Studie für den Anbau von Weizen die CO2-Belastung und Reduktion geprüft. In der Studie gelang es, den CO2-Fußabdruck um 34 Prozent abzusenken, was vor allem mit der Veränderung der Düngung funktioniert. Das Experiment gelang ohne Auswirkungen auf den Ertrag, das wichtige Protein für die Backeigenschaft bleibt erhalten.
Für die Landwirtschaft bedeutete das zwar 240 Euro je Hektar mehr Investition, also 30 Euro je Tonne Weizen. Doch aus der Menge Weizen könnten 12.000 Brote gebacken werden. Wenn die Kosten weitergegeben werden, entstünden für den Endverbraucher am Ende zwei Cent Mehrkosten pro Brot – wenn die Wertschöpfungskette an einem Strang zieht. So könnten in Deutschland 2,23 Millionen Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden. Das entspräche rund 8,61 Millionen Flügen von Düsseldorf nach Palma de Mallorca.
In der Diskussion verwies Wolfgang Wappenschmidt, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Neuss/Mönchengladbach, auf die Viehhaltung als Klimaproblem. Grundsätzlich sei der Ackerbau CO2-senkend. Für die CO2-Bilanz seien Düngung und der Einsatz von Fahrzeugen eher entscheidend. Trotzdem nahm das Publikum diesen „gemachten Anfang“ dankbar an. Die Studie werde auch in Brasilien und Kanada wiederholt, RWZ will die Studie im nächsten Jahr validieren und sich dabei um die für Brauereien wichtige Braugerste kümmern.
Grundsätzlich gilt aber, dass die Ackerflächen pro Kopf immer mehr abnehmen – bei gleichzeitigem Wachstum der Weltbevölkerung. 1950 standen für 2,8 Milliarden Menschen auf der Welt 5100 Quadratmeter je Kopf zur Verfügung. 2010 waren es bei sieben Milliarden Menschen nur noch 2100 Quadratmeter pro Kopf und 2050 werden es bei neun Milliarden Menschen nur noch 1500 Quadratmeter pro Kopf sein.
Die Reden standen am Schluss der Mitgliederversammlung, bei der Vorstand und Präsidium wiedergewählt wurden. Den Neusser Produktenmarkt gibt es bereits seit 1900, also demnächst 125 Jahre. Die Mitglieder kommen aus der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie. „Alle kümmern sich um den täglichen Genuss der Menschen in der Region“, so Werhahn weiter. Zur Tradition gehört es, dass zur Mitgliederversammlung Referenten eingeladen werden, „die uns was zu sagen haben“. Der Verein als Branchentreff ist in die Zukunft gerichtet, Themen wie Strukturwandel oder Klimakrise kommen auf die Tagesordnung – aber nicht als Schocktherapie, sondern zum Mutmachen.
Als nächster Redner stellte Alexander Prange den Zwischenstand des geplanten Launch-Centers in Neuss vor. Innerhalb des Strukturwandel-Programms lägen Förderanträge seit zwei, drei Jahren in Berlin, ohne dass es einen Zuwendungsbescheid gegeben habe. Das fanden alle Beteiligten frustrierend. Professor Prange von der Hochschule Niederrhein hofft, dass man nächstes Jahr in Neuss starten könne. Auf dem Wendersplatz solle ein Campus entstehen, in dem man sich einbringen werde. Zum Schluss wies Silke Hauser von der IHK Mittlerer Niederrhein noch auf die „Zukunftsgutscheine“ aus dem Strukturwandelprogramm Rheinisches Revier hin.