Bilder von Giancarlo Romani Adami im Foyer des RLT Wiederkehr des immergleichen Schreckens

"Ideologie" heißt ein Bild des italienischen Künstlers Giancarlo Romani Adami: Es zeigt eine junge Schönheit, deren Engelsflügel den Weg dorthin evozieren, wo Himmel, Glück und Paradies zugleich sind. Aus ihrem aufgerissenen Unterleib aber gebiert sie Tote. Auf großformatigen Leinwänden ist die bildgewordene Auseinandersetzung des Italieners Ciancarla Romani Adami im RLT zu erleben. Hier: "Auf den brennenden Dornbusch bezogen". NGZ-Foto: A. Woitschützke

"Ideologie" heißt ein Bild des italienischen Künstlers Giancarlo Romani Adami: Es zeigt eine junge Schönheit, deren Engelsflügel den Weg dorthin evozieren, wo Himmel, Glück und Paradies zugleich sind. Aus ihrem aufgerissenen Unterleib aber gebiert sie Tote. Auf großformatigen Leinwänden ist die bildgewordene Auseinandersetzung des Italieners Ciancarla Romani Adami im RLT zu erleben. Hier: "Auf den brennenden Dornbusch bezogen". NGZ-Foto: A. Woitschützke

Dass Ideologien Glück versprechen, indem sie kollektive Identität anbieten, die jedoch nur gelingt, wo das Nicht-Identische, das Andere, ausgegrenzt wird, und dass immer dort, wo ausgegrenzt wird, die Messer der Schlächter bereits geschärft und Massaker nicht fern sind, ist nicht nur die nachhaltigste und dunkelste Erfahrung des gerade eben vergangenen 20. Jahrhunderts. Es ist - davon und ausschließlich davon sprechen Adamis beredte Bilder - eine Grundkonstante abendländischen Denkens und Handelns schlechthin.

"Identität und Opfer" heißt die Ausstellung von Adamis Bildern, die jeweils eine Stunde vor Beginn der Vorstellungen im Foyer des Rheinischen Landestheaters geöffnet ist. Auf großformatigen Leinwänden führt der ehemalige Filmregisseur Adami, der über die Beschäftigung mit Philosophie und Religionsgeschichte zur Malerei kam, die konstante Bestialität von den Griechen bis zur Gegenwart als wahre conditio humana und einzige, ewig gültige Realität vor Augen: Ein Bild zeigt die Griechin Agaue, die im rauschhaften Ritual für Dionysos glaubt, einen Löwen zu opfern, in Wahrheit aber den eigenen Sohn tötet .

"Metapher und Wahrheit" heißt ein anderes Bild, das hinter einem Liebespaar den blutigen Akt der Kreuzigung zeigt. Rigoros entlarvt Adami die blutige Konsequenz hinter dem verblendeten Sinn: Wo immer Ideologie Glück verheißt, fordert sie Blutzoll und zerstört die Opfer ebenso wie die Täter. "Opfer und Täter vermischen sich, werden zu einer Person" analysierte Jutta Saum, Kunsthistorikerin und NGZ-Mitarbeiterin in der kenntnisreichen und spannenden Einführung, mit der sie die Ausstellung eröffnete.

"Die Menschen stehen vor einer großen, unerträglichen Leere", beschreibt Adami im Gespräch "um die zu füllen, schaffen sie Gottheiten. Gottheiten wiederum verlangen Opfer." Die Folgen zeigen seine Bilder, auf denen eine schwarze Sonne Grundmotiv ist, die wie ein furchtbares Vakuum alles zu verschlingen droht. Francisco de Goya, Maler des Grauens in menschlicher Gestalt, ist immer wieder Bezugspunkt für Adami: Goyas Bild der "Erschießung der Aufständischen" zitiert er und setzt es neu zusammen. Den Urgott Kronos, der seine Kinder verschlingt, zeigt Adami nicht mehr wie Goya als machtvollen Riesen, sondern ausschließlich als abstoßende Bestie.

Was als Logos sich ausgibt, endet notorisch im Blutbad: "Der Moment der Erkenntnis wird zum Verderben", charakterisiert Jutta Saum treffend. Ist die abendländische Geschichte demnach nichts als die Wiederkehr des immergleichen Schreckens, das unentwegte Wüten des Todes? "Es gibt keine Entwicklung und es gibt keinen Ausweg", erklärt der Künstler mit den tieftraurigen Augen: "Schalten Sie die Nachrichten ein und Sie sehen, dass sich nichts geändert hat." KaTse Oberstraße, Rheinisches Landestheater, bis Ende Mai

(NGZ)
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