Kaarst Wenn es zuhause meistens Zoff gibt

Büttgen Sie sind zwischen acht und 18 Jahren alt, kommen aus Neuss, Siegburg, Stuttgart, wohnen in Büttgen an der Sebastianusstraße. Doch wenn nach dem Frühstück der Gang in die Schule ansteht, wird das Pausenbrot nicht von Mutter oder Vater geschmiert. Denn die 34 Kinder wohnen nicht bei den Eltern, sondern im Kinderheim Büttgen.

Büttgen Sie sind zwischen acht und 18 Jahren alt, kommen aus Neuss, Siegburg, Stuttgart, wohnen in Büttgen an der Sebastianusstraße. Doch wenn nach dem Frühstück der Gang in die Schule ansteht, wird das Pausenbrot nicht von Mutter oder Vater geschmiert. Denn die 34 Kinder wohnen nicht bei den Eltern, sondern im Kinderheim Büttgen.

Freiwillig lebt dort keiner - doch es gibt viele Gründe, warum es nicht anders geht. Die Eltern sind zerstritten, Vater trinkt Alkohol, Mutter ist psychisch krank. Und beide sind damit überfordert, sich um das eigene Kind zu kümmern. Wenn es dann öfters Zoff gab, sorgt das Jugendamt dafür, dass das Kind in einem Heim untergebracht wird.

Wie ist das Leben in einem Kinderheim? In Büttgen gibt es drei Gruppen zu jeweils rund zehn Kindern. Pro Gruppe kümmern sich vier Betreuer um die Kinder. Die meisten Kinder sind in Doppelzimmern untergebracht. Es gibt aber auch Einzelzimmer. Die Zimmer sehen genauso aus, wie ein Jugendzimmer eben aussieht: Poster hängen an der Wand, der PC steht auf dem Schreibtisch, die Playstation vor dem Fernseher.

Die Zimmertüren sind nie abgeschlossen - doch wenn ein Betreuer herein will, klopft er vorher an. Schließlich hat ein Heimbewohner genau so ein Recht auf seine Privatsphäre, wie jeder andere auch. Eins ist klar: Wer im Kinderheim wohnt, hat oft schlechte Erfahrungen gemacht. In der Familie, in der Schule, mit Gleichaltrigen. Klar, dass Frust und Enttäuschung ein Ventil brauchen. Bei einigen Kindern äußert sich das dann in Schuleschwänzen.

Doch die Kids merken schnell, dass die Sache nichts bringt: Das Heim hat eine Art Hotline mit sämtlichen Schulen. Schon eine Viertelstunde nach Schulbeginn klingelt im Kinderheim das Telefon, die Heimleitung wird informiert, wenn einer blau macht. Der "Erfolg" für den Schwänzer: Er muss genau die Zeit, die er versäumt hat, im Heim nacharbeiten. Und damit das auch wirklich gemacht wird, beobachtet einer der Betreuer die unfreiwillige Sonderschicht.

Ein möglichst normales Leben wie jedes andere Kind führen - das ist eines der Hauptziele. Dazu gehört auch, Verantwortung zu übernehmen. So sorgt jede Gruppe selbst für die Einkäufe, bestimmt, was es abends zu Essen gibt. Dabei steht ein festgelegter Geldbetrag zur Verfügung, mit dem ausgekommen werden muss.

Also genau wie im "richtigen" Leben. Und genau wie im richtigen Leben sind sich nicht immer alle einig darüber, was gekauft werden soll. Kompromisse finden ist die Lösung - wer das im Kinderheim lernt, kommt dann auch in anderen Lebenssituationen besser klar.

Wichtig für die Kinder: Im Büttgener Kinderheim soll keine Ersatzfamilie geschaffen werden. Denn es ist schließlich kein Waisenhaus. Die Eltern sollen - soweit irgendwie möglich - Kontakt zu den Kindern haben. Denn auch wenn einstige Heimkinder eine Beziehung zu der Einrichtung aufgebaut haben und gern wieder zu Besuch zurückkommen - auf Dauer will so gut wie jedes Kind lieber wieder bei den Eltern leben.

(NGZ)
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