Neuss War Ratsbeschluss unzulässig?

Neuss Pikant: Der Beschluss, mit dem der Rat im Februar 2007 den Ratsbürgerentscheid zur "Straßenbahn im Hauptstraßenzug" auf den Weg brachte, könnte unzulässig gewesen sein.

Neuss: War Ratsbeschluss unzulässig?
Foto: NGZ

Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls der Neusser Rechtsanwalt Markus Jansen, der sich bei seiner Einlassung auf die Prüfung durch einen Kölner Fachanwalt für Verwaltungsrecht bezieht. Grund: Für die zur Abstimmung gestellte Herausnahme der Straßenbahn-Trasse besaß der Stadtrat nicht die Entscheidungskompetenz. Die liege bei der Bezirksregierung.

In einem Brief an die "Bürgerinitiative Einwohnerantrag" folgert Jansen daraus, dass aus demselben Grund auch deren Antrag, der Rat solle erneut die Straßenbahn-Frage beraten, unzulässig sein könnte. Gleichwohl hat sich die Initiative entschlossen, das Straßenbahn-Thema per Einwohnerantrag erneut in den Stadtrat zu tragen. Dazu sind mindestens 4000 Unterschriften erforderlich. Die Sammlung soll am Samstag beginnen.

Zu den Initiatoren zählt neben Frederik Ramm und Franz Josef Badort auch Ronny Reuss, der Schwager Jansens. Angesichts der komplexen juristischen Zusammenhänge könne er verstehen, dass die Initiative ihren Weg weitergehe: "Bürger können doch nicht klüger sein als der Stadtrat."

Mitinitiator Frederik Ramm mag sich nicht auf eine formal-rechtliche Diskussion einlassen: "Ich möchte wissen, wie viele Neusser wie ich denken und sich einen Hauptstraßenzug ohne Straßenbahn wünschen. Darum sammele ich die Unterschriften. Mir geht es um ein politisches Votum." Dr. Heinrich Köppen, Chef der FDP-Ratsfraktion, liegt nach eigenen Angaben eine Expertise vor, nach der es auf den Bürgerwillen ankomme: "Ist der bekundet, leitet sich alles Weitere ab."

Rechtsanwalt Jansen bezeichnet den Ratsbürgerentscheid in seinem Schreiben an die Initiative als "rechtliches Nullum". Er wirft dem Rat vor, sich in dieser Sache Entscheidungskompetenz "angemaßt" zu haben, und dass den Bürgern der Eindruck vermittelt wurde, "sie könnten über den Verbleib und/oder die Herausnahme der Bahn aus der Innenstadt entscheiden". Schließlich kommt der Jurist zu dem Schluss, dass für den "unzulässigen Ratsbürgerentscheid sowie die Kampagnen der Befürworter und Gegner der Bahn sowohl öffentliche als auch private Gelder umsonst ausgegeben wurden".

Bürgermeister Herbert Napp räumte auf Anfrage der NGZ am Freitag ein, dass der Rat bei seinem Beschluss "konkret nicht zuständig" gewesen sein könnte. Letztlich habe die Stadt - abgedeckt durch ein Votum der Bevölkerung - als Gesellschafterin gegenüber den Stadtwerken eine Empfehlung (Trassensanierung, einspurige Linienführung) ausgesprochen, die dann von dem Tochterunternehmen auch aufgenommen und umgesetzt worden sei.

Als problematisch sieht es der Rathaus-Chef allerdings an, das Rad zurückzudrehen, wie es über einen Einwohnerantrag an den Rat herangetragen werden könnte. Wünsche der Rat den Rückbau und die Stadtwerke folgten der Empfehlung, so sei das mit hohen Kosten verbunden - "zum Schaden der Gesellschaft". Er fürchte, die Geschäftsleitung setze sich in diesem Fall der Gefahr von Schadensersatzansprüchen aus.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort