Albert Reiner Glaap übersetzt Theaterstücke Von der schwierigen Arbeit mit "Knetmasse"

"Furtwängler, Kategorie 4". So hätte der alleinige Titel des Stücks lauten können, wenn da nicht in Österreich ganz bestimmt Assoziationen mit dem Wort "Kategorie" verbunden wären. "Dort meint es eine Preisgruppe, und dann noch eine ganz unten", sagt Albert Reiner Glaap, der deutsche Übersetzer des Theaterstücks "Taking Sides" von Ronald Harwood.

Dabei wollte "Kategorie 4" das Raster aufnehmen, nach dem die Amerikaner Nazis und deren Unterstützer je nach Schwere ihrer Vergehen eingeordnet haben. Dass das Stück des englischen Schriftstellers nun aber mehrheitlich auf deutschsprachigen Bühnen unter dem Titel "Der Fall Furtwängler" läuft, ist ein Kompromiss zwischen den Theatern, die den Namen des Dirigenten da hinein haben wollten, und Harwood, der das eigentlich ablehnte, weil er seinen Text nicht allein auf die Person reduziert sehen wollte.

Ein nur kleines Beispiel für das schwierige Unterfangen, im Deutschen Begriffe für fremde Sprachen zu finden, die alle Seiten zufrieden stellen. Albert Reiner Glaap hat da jede Menge Erfahrung. Der gebürtige Wuppertaler und inzwischen emeritierte Uni-Wissenschaftler (der indes an der Uni Düsseldorf noch Seminare abhält) hat schon diverse Theaterstücke übersetzt. Vorrangig aus dem Englischen, denn sein Schwerpunkt ist die kanadische, britische und neuseeländische Literatur. Dabei arbeitet er immer mit Janice Probert-Gromüller zusammen, einer gebürtigen Engländerin: "Wenn in dem Text nicht zu viel zu erklären ist, fertigt jeder erst einmal seine eigene Version an", erklärt Glaap seine Arbeitsweise, "Janice übersetzt ganz wörtlich; ich versuche, die passenden deutschen Redensarten und Begriffe zu finden."

Das Übersetzen von Theatertexten ist nur eine Facette der Arbeit des 72-Jährigen, er geht in England gerne auf Entdeckungsreisen nach jungen unbekannten Autoren, er schreibt wissenschaftliche Artikel zu Forschungszwecken, kommentiert Buchausgaben, schreibt für Theater einführende Berichte über einen Autor etwa für Programme und arbeitet immer wieder mit Schülern in besonderen Seminaren. Was ihm davon das Liebste ist, vermag er indes nur schwer zu sagen, "irgendwie ist mir alles gleich wichtig". Eindeutiger fällt seine Antwort dagegen aus, wenn er sich zu seiner Übersetzertätigkeit für Theaterstücke äußert: Da ist ihm die direkte Zusammenarbeit mit einer Bühne das Schönste; in Neuss hat er da übrigens nur beste Erfahrungen gemacht, als er zusammen mit RLT-Dramaturgin Ulrike Schanko den Kanadier Michel Marc Bouchard etabliert hat. Dass seine Übersetzungen vielleicht bei der Bearbeitung für eine Bühne auch verändert werden, ist für Albert Reiner Glaap kein Problem: "Theatertexte sind Knetmasse im Gehirn des Regisseurs." Helga Bittner "Der Fall Furtwängler", Mittwoch, RLT, 20 Uhr

(NGZ)
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