Rhein-Kreis Neuss Von Bächen und Brüchen

Rhein-Kreis Neuss · Rhein-Kreis Neuss Die Viecher kriechen, und zwar in die Höhe. Wer abseits der Wege im Bruchwald der Triet bei Korschenbroich seine Augen offen hält, entdeckt sie bei ihren Ausflügen ins dichte Ast- und Blattwerk der Bäume: Weinbergschnecken, die in der Vegetation der Bachaue offenbar einen idealen Lebensraum gefunden haben.

 Und hopp! Mit einem beherzten Sprung geht's über die Triet. Der Bachlauf im Westen des Rhein-Kreises Neuss bietet auf weiten Strecken noch ein recht naturnahes Erscheinungsbild — eine Ausnahme.

Und hopp! Mit einem beherzten Sprung geht's über die Triet. Der Bachlauf im Westen des Rhein-Kreises Neuss bietet auf weiten Strecken noch ein recht naturnahes Erscheinungsbild — eine Ausnahme.

Foto: L. Berns

Es dominieren Eschen und Erlen, am Boden wuchern Gräser, ganz spezielle Gewächse, die auf wechselfeuchte Böden hindeuten. Rau, lang und schmal recken sich ihre grünen Spitzen nach oben. Von einem Baum hängt eine Hopfenschlinge. "Hier wurde Niederwaldwirtschaft betrieben", sagt Dr. Georg Waldmann beim Streifzug durch das schattige Gehölz. "Die Bäume wurden alle 30 Jahre bis zum Stumpf abgesägt. Seit dem Krieg macht das keiner mehr."

 Der naturnah umgestaltete Jüchener Bach bei Bedburdyck.

Der naturnah umgestaltete Jüchener Bach bei Bedburdyck.

Foto: NGZ

Der Biologe wohnt unweit des Hoppbruchs am Trietenbroich. In wenigen Minuten ist er von dort aus an der Triet, die in ihrer Ursprünglichkeit im Vergleich zu anderen Bach- und Wasserläufen im Rhein-Kreis Neuss überrascht. Das Flüsschen mäandert durch den Bruch, ein idyllischer Anblick, der darüber hinwegtäuscht, das die Triet mit Blick auf das Grundwasser als "Problembach" in der Diskussion steht. Ist es noch sinnvoll, dem Lauf künstlich Wasser zuzuleiten, wie es durch weiträumige Absenkung der Grundwasserstände im Zuge des Tagebaus notwendig geworden war?

Beim Spaziergang entlang des ruhig fließenden, glasklaren Gewässers gelangt man an ein kleines Staubecken. Hier wächst Wasserstern, "ein Indikator für gute Wasserqualität", sagt Waldmann. Im Wasser tummeln sich Stichlinge, die an einem sich windenden Regenwurm knabbern.

So lauschig wie im Waldgebiet der Triet sieht es an vielen anderen Bächen im Rhein-Kreis nicht aus. Begradigungen haben das Ihre dazu beigetragen, aus Fließgewässern triste Wasserrinnen werden zu lassen. In jüngster Zeit allerdings geht der Trend zurück. Renaturierung ist das Stichwort. "Da passiert künftig auch noch mehr", erklärt Dr. Udo Rose, Biologe beim Erftverband. Bach ist indessen nicht gleich Bach.

Bis auf die Triet, die über die Niers zur Maas hin entwässert, sind die Gewässer im Kreis dem Flussgebiet des Rheins zuzuordnen. Die kleinen Wasserläufe der Region unterliegen einer Typisierung. Als "lößlehmgeprägte Tieflandbäche" gelten demnach Jüchener Bach und Gillbach, aber auch Kelzenberger und Kommer Bach. Letztere sind trocken gefallen, sollen aber nach Roses Auskunft auch früher "allenfalls sehr unregelmäßig" Wasser geführt haben. Die "Quelle" des Gillbachs wiederum, bemerkt Rose, sei das "Kühlwasser von Niederaußem". Womit wieder — wie beim Trietbach — RWE ins Spiel gebracht wäre. Auch der Norfbach hängt gewissermaßen am Tropf.

Das muss nicht heißen, dass im Gewässer nichts los ist. Im Gegenteil. Im Gillbach tummeln sich Döbel und Gründlinge, Rotaugen, und vor allem im Mündungsbereich bei Weckhoven gibt es Aale und Barben. Auch Barsche und Lauben kommen vereinzelt vor.

Neben den Bächen der Lößplatte, zu denen der Gillbach zählt, dominieren im Rhein-Kreis Neuss die Bäche und Gräben des so genannten Hochwasserbettes und der Niederterrasse. Hier war der noch ungezähmte Rhein einst gestaltende Kraft, er hinterließ bei seinen stetigen Veränderungen zahllose feuchte Rinnen, die von Bachläufen und Gräben durchzogen werden, beispielsweise Norf, Stommelner Bach und Pletschbach im Südosten sowie Mühlenbach und Buersbach im Norden. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Bruchgebiet im heutigen Süden des Kreises systematisch entwässert, die Landschaft veränderte ihren Charakter. Aus heutiger Sicht freilich nicht immer zu ihrem Vorteil.

Info Die Serie "Streifzug" wird in der übernächsten Woche fortgesetzt. Am Mittwoch, 26. August, geht's um so genannte Neozoen.

(RP)
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