Der Kontrast könnte kaum größer sein: Vom "Outback" in die Quirinus-Stadt

Der Kontrast könnte kaum größer sein: Ob deutsche Austauschschüler in Australien, oder australische "Exchange Students" in Deutschland - am Anfang steht immer der Kulturschock.

Denn: Ebenso wie sich Australien dem Besucher weit facettenreicher präsentiert, als Känguruh- oder Koala-gespickte Hochglanzbroschüren glauben machen wollen, verhält es sich auch für frisch angereiste Gäste in Deutschland nicht anders. Gängige Klischees rund um Loreley und Lederhose hat Emily Gash aus dem Distrikt West Wimmera, 400 Kilometer westlich der Metropole Melbourne, bereits vor ihrer Ankunft über Bord geworfen. Seit dem 19. Januar diesen Jahres ist die 16-jährige zu Gast in Neuss, besucht die zwölfte Stufe des Norfer Gymnasiums und fühlt sich in der Quirinus-Stadt sehr wohl, auch wenn hier natürlich alles ganz anders ist, als "down under".

So auch das Neusser Zentrum um das Quirinus Münster: "Vieles hier sieht so unglaublich alt aus", merkt die humorvolle Australierin beim Blick auf das Rathaus mit einem verklärten Lächeln an. Kein abwertendes Statement, sondern ein Eindruck, den die meisten Besucher von dem Kontinent kurz vor der Datumsgrenze teilen - das sympathische "alte Europa". In der ehemaligen viktorianischen Kronkolonie, die vor nicht einmal 300 Jahren den wohl beliebtesten Verbannungsort für politische Gefangene darstellte, sind über einhundert Jahre Gebäude die absolute Ausnahme. Nicht verwunderlich, dass Jahrhunderte alte Bauwerke wie der Kölner Dom auf Emily ebenso exotisch wirken, wie ein fotogerecht auf die Hände gelegtes Süßwasser-Krokodil auf Europäer.

In ihrer Heimat engagiert sich die vielseitig talentierte Australierin bei der "Freiwilligen Polizei", die strukturell mit Pfadfindern vergleichbar ist. Auf eine Mitarbeit beim offenen Hörfunk kann die 16-jährige ebenfalls verweisen - ohne eine gut vernetzte Medienlandschaft funktioniere in einem so weitläufigen und dünn besiedelten Staat wie Australien gar nichts, erklärt sie. Ihre Kindheit verbrachte Emily Gash klassisch australisch: Die Farm ihrer Eltern befindet sich im Outback, dem Buschland Westaustraliens, und ist durch die beachtliche Grundstücksgröße mit einer Vielzahl mehr oder minder wilden Tieren "gesegnet". Gerade deshalb kann sie sich auch für urbane Schönheit begeistern, schon in den ersten Monaten ihres einjährigen Aufenthaltes besuchte Emily Düsseldorf, Aachen, Maastricht und Köln, das Pflichtziel für alle Deutschland-Reisenden.

"Ich liebe diese Städte, niemals hätte ich gedacht, dass Deutschland so groß ist", erklärt die Teilnehmerin des Rotary-Austauschs beeindruckt. Mit ihrer Norfer Gastmutter Kathrin Meurer plant sie einen Trip nach Paris, eine zweiwöchige Reise mit anderen "Rotaries" wird sie nach München führen. In "Aussie-Land" wird Emily ihre Schullaufbahn ohne Wiederholung fortsetzen, inklusive solch ausgefallener Fächer wie Asiatische Sprachen und Landwirtschaft. Für das zuletzt genannte Fach hegte und pflegte sie ein Jahr lang ein Hausschwein. Angesichts solch einer Flexibilität wird ihr Weg in die Touristik-Branche sicher nicht mit Steinen gepflastert sein. dB

(NGZ)
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