NGZ-Serie über "Skulpturen im öffentlichen Raum" Vom eigenen Erleben als Soldat beeinflusst

Als im Jahre 1934 das große Kriegerdenkmal auf dem Neuen Friedhof errichtet wurde, hatten die Nazis den Volkstrauertag gerade in "Heldengedenktag" umbenannt. Die Ausrichtung des 1922 erstmals begangenen Gedenktages ging vom Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge auf die Wehrmacht und die NSDAP über.

Der Künstler Theodor Hammers, der das große Relief auf dem Friedhof geschaffen hat, sah sich also einer besonderen Herausforderung ausgesetzt. Einerseits sollte das Kriegerdenkmal dem Geschmack der Zeit und den politischen Anforderungen der Auftraggeber entsprechen, andererseits konnte Hammers seiner christlichen Überzeugung folgend nicht einfach ein ideologisch korrektes Werk abliefern. Der Künstler hatte sich 1914 mit 23 Jahren freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet. Zehn Jahre lang war er in Krieg und Gefangenschaft.

Der gebürtige Mönchengladbacher, der nach dem Tod seines Vaters mit seiner Mutter im Alter von zwei Jahren nach Neuss kam, arbeitete nach dem Kriege zunächst als Spengler in einer Neusser Fabrik. Durch die Vermittlung seines Jugendfreundes, des Künstlers Will Hall (1897 bis 1974), schaffte er den Sprung an die Düsseldorfer Kunstakademie. Dass er sich politisch engagierte, ist nicht bekannt. Doch ein 1941 entstandenes Fries mit Szenen aus dem einfachen Leben der Bauern macht deutlich, dass er nicht zu den Anhängern der neuen Ideologie gehörte.

Der Arbeit fehlt nicht nur jede "Blut-und-Boden"-Romantik des "Reichsnährstands", in seinem Zentrum steht überdies Christus, der den Weg weist. Dennoch nähert sich der heutige Betrachter mit einigem Befremden dem Kriegerdenkmal, welches auch am morgigen Volkstrauertag im Mittelpunkt der offiziellen Feierlichkeiten der Stadt Neuss stehen wird. Hammers" eigenes Erleben soldatischer Kameradschaft kann das Kunstwerk nicht verleugnen.

Die vielfach heute anzutreffende Abstraktheit als Ausweg vor dem konkreten kriegerischen Geschehen, ist nicht die Sache des ehemaligen Soldaten. Ganz anders als der nur fünf Jahre zuvor errichtete "Löwe" auf dem Markt, der sich ins Symbolische flüchtet. Das sieben Meter breite Rechteck aus Naturstein ist dreigliederig. Im Zentrum steht der Fahnenträger. Die Fahne selbst zeigt den Adler, der in offensiver Haltung gezeigt wird. Vor der Fahnengruppe marschiert ein Spielmannszug, es folgt ein Trupp Soldaten.

Die Szenerie ist von der Stilisierung der mit Stahlhelm ausgerüsteten und bewaffneten Soldaten geprägt. "Doch nicht nur Fahne und Adler, (...), auch Details der Ausrüstung der Soldaten mußten ihm vom Auftraggeber abgerungen werden, denn Heroisierung und Militarisierung waren ihm fremd", erklärt Matthias Schilling in seinem Werkkatalog über Hammers, der 1986 vom Kreismuseum Zons herausgegeben wurde. Dort sieht man auch die ganze Palette des bildhauerischen Schaffens von Hammers, der später nach Dormagen zog und dort 1965 auch starb.

Er beschäftigte sich stark mit christlichen Motiven. So finden sich viele Madonnenfiguren und Kruzifixe und seinem Werk. Aber auch Kunst am Bau war ihm nicht fremd. Die Reliefs "Eltern mit Kind" oder "Sämann mit Ährenträgerin" an Thywissen- und Viktoriastraße mögen vielen Neussern bekannt sein.

Als Provokation wurden vielfach seine Grabmäler für die Rechtsanwälte Adolf Flecken und Johannes Geller (beide vor 1933) gelten. Das eine zeigt den gekreuzigten Christus (Flecken), das andere Maria mit Kind auf der Weltkugel (Geller). Beide weichen von den üblichen Darstellungen dieser Bilder ab und waren für die damalige Zeit wegen ihrer expressiven Gestaltung der Kritik des breiten Publikums ausgesetzt. schmal

(NGZ)
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