Richard Rogler bei der Kabarettreihe 20.30 Virtuose Treibjagden

Camphausen fährt den neuen Maybach von Mercedes und hat im Koffer immer seinen Bodenwischer dabei, weil er sich im Badezimmer der Hotels sonst nicht zu Hause fühlt. Der Mann ist unermüdlich in Sachen Bildung und Beratung unterwegs, doch einen wimmelt er am Handy garantiert immer ab: Jürgen W. Möllemann. Und das tut er auch dann, wenn der im weißen Laken und mit Ölzweig im Mund gerade im Begriff ist, mit seinem Fallschirm in Ramallah zu landen.

Camphausen: "Der Mann fährt geistig doch schon seit Jahren auf 18 Prozent." Nach vier Jahren ist Camphausen wieder da und mit ihm sein Schöpfer Richard Rogler. Im großen Saal des Rheinischen Landestheaters stellte der gebürtige Franke und Wahlkölner Rogler jetzt sein neues Programm "Anfang offen" vor. "Eine Hetzerei", sagt er gleich zu Beginn und meint es programmatisch. Zwei Stunden lang hetzt er in virtuosen Treibjagden reichlich politisches Personal und bundesrepublikanische Prototypen vor sich her.

Er kennt sie alle, den neuen Superminister Clement inbegriffen: "Kennt man doch, weiß man doch, super kostet mehr, ist aber nur normal drin." Auch in seinem insgesamt fünften Programm präsentiert sich Rogler böse und rotzig. Als politischer Kabarettist verfügt er über eine Sprache von der Qualität eines Seziermessers und überdies ein sicheres Gefühl für die Balance zwischen plattem Witz und scharfer Intelligenz. Ein Oberbayer als Kanzler, das ginge sowieso nicht, denn an Bayern seien schließlich ganze geschichtliche Epochen wirkungslos vorübergegangen: "Beispielsweise die Reformation und die Aufklärung. Martin Luther und Immanuel Kant stehen dort immer noch auf der Fahndungsliste der Ermittler."

Und dann dieser Joschka Fischer, "ein Außenminister ohne Hauptschulabschluß". Doch immerhin sei er der einzige deutsche Politiker, über den Hollywood nun einen Film drehen wolle. Eigens dafür habe man dort auf einem großen Vorstadtparkplatz ganz Stuttgart nachgebaut und 30.000 Komparsen unter Valium gesetzt, damit sie annähernd so wirken wie echte Schwaben. Kurz vor Ende des Films kommt raus, daß Helmut Kohl Fischers unehelicher Vater ist, Götz George spielt übrigens die Mutter.

Camphausen hat einfach zuviel Zeit und da kommt er beim Nachdenken auf die abstrusesten Ideen. Zwei Stunden lang wartet er auf seine Noch-Ehefrau Sonja, der er 20 Jahre lang den Haushalt geführt hat. Doch sie kommt bis zum Ende nicht und so erzählt Camphausen im Mooshammer-Anzug immer neue Geschichten von "Parallelwelten" und von seinem Männerclub, mit dem er auf Sylt in Edelschuppen und zu Zuhause beim Italiener für "Besserverdienende" verkehrt. Und am Ende hat er nach ausführlichen Blicken in deutsche Parlamente und Intimbereiche noch einen guten Rat für alle: "Nichts machen, bloß nichts machen"! Das Publikum im RLT hielt sich nicht daran: Richard Rogler erhielt verdient viel Beifall. Jörg Zimmer

(NGZ)
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