Neue CD: Goritzki dirigiert Onslow-Sinfonien Versunkene Töne zurückgeholt

Als "Nischen-Label" versteht sich die CD-Produktionsfirma cpo - sie bringt fast ausschließlich Raritäten und Ausgrabungen heraus. Nach eigenen Aussagen lebt sie davon sehr gut, von ansonsten in der Branche beklagten Markteinbrüchen ist bei cpo nichts zu spüren. Werbung für die in Vergessenheit geratenen Sinfonien von George Onslow: CD-Einspielung unter dem Dirigat von Professor Johannes Goritzki.

Als "Nischen-Label" versteht sich die CD-Produktionsfirma cpo - sie bringt fast ausschließlich Raritäten und Ausgrabungen heraus. Nach eigenen Aussagen lebt sie davon sehr gut, von ansonsten in der Branche beklagten Markteinbrüchen ist bei cpo nichts zu spüren. Werbung für die in Vergessenheit geratenen Sinfonien von George Onslow: CD-Einspielung unter dem Dirigat von Professor Johannes Goritzki.

Unlängst hat das Produktionsteam aus Georgsmarienhütte (Niedersachsen) einen Komponisten geehrt, der vielen nicht einmal dem Namen nach bekannt sein dürfte, den Zeitgenossen Beethovens, Schuberts, Webers und Schumanns - Georges Onslow (1784-1853). Manchen mag dem umfangreichen kammermusikalischen ›22uvre des Franzosen mit englischem Vater und (adeliger) französischer Mutter schon einmal begegnet sein - seine vier Sinfonien dagegen sind fast völlig unbekannt. Onslow wuchs in Frankreich auf, genoss eine sorgfältige, auch musische Erziehung, nahm in Hamburg Unterricht bei dem bekannten Pianisten Johann Ledislav Dussek und setzte seine Klavierstudien in London bei dem Clementi-Schüler Johann Baptist Cramer fort.

Komposition erlernte er bei Anton Reicha und machte sich, neben seinem Ruf als "brillanter Pianist", vor allem als Komponist von Kammermusikwerken unterschiedlichster Besetzung einen Namen. Seinen Opern war ein ähnlicher Erfolg nicht beschieden. Auf seine vier Sinfonien gab es unterschiedliche Resonanz - teilweise wurde er als "französischer Beethoven" gefeiert, wohingegen die deutsche Musikkritik ihn als "Komponisten deutscher Schule" reklamierte. Insgesamt jedoch stand Onslow sinfonisches Schaffen trotz mehrjähriger beachtlicher Aufführungsintensität in England, Frankreich und Deutschland allzu sehr im Schatten der Sinfonien Beethovens, die damals als das Maß aller Dinge galten.

Nach 1830, mit steigender Beethoven-Euphorie, verschwanden die Orchesterwerke des Ehrenmitglieds der "London Philharmonic Society" mehr und mehr aus den Konzertprogrammen und gerieten irgendwann völlig in Vergessenheit. Umso verdienstvoller ist es, dass Professor Johannes Goritzki und die Radio-Philharmonie Hannover sich zu einer Ersteinspielung der Sinfonien Nr. 2 d-moll op. 42 und Nr. 4 G-Dur op. 71 entschlossen (eine Komplettierung ist geplant). Beide Werke haben die klassische 4-sätzige Anlage, in Nr. 4 steht das Andantino an unüblicher 3. Stelle.

Geschickte Instrumentierung, Durchsichtigkeit selbst bei Klangballungen und reizvolle melodische Einfälle, die allerdings nicht immer für die Länge der Sätze ausreichen, prägen die eingängigen Tonschöpfungen, die, ohne diesen zu kopieren, immer wieder an Joseph Haydn erinnern. Onslow muss die Holzblasinstrumente besonders geliebt haben - Klarinetten und vor allem Fagotte sind von ihm reich bedacht. Johannes Goritzki steht mit der Radio-Philharmonie Hannover des NDR ein brillanter und spielfreudiger Klangkörper mit hoher instrumentaler Kompetenz zur Verfügung, der den temperamentgeladenen Intentionen des Gastdirigenten willig folgt und keine spieltechnische Anforderung schuldig bleibt. Mit nie erlahmender Energie und beachtlichem Drive (nur das "Andante grazioso con moto" in Nr. 2 ist fast ein Allegro) werben die Musiker für eine überaus hörenswerte Musik, die die Konzertprogramme gerade mittelgroßer Orchester wirkungsvoll bereichern könnte. Heide Oehmen "Georges Onslow: Symphonien Nr. 2 & Nr. 4", 17,99 Euro, cpo 999.738-2, (zu beziehen über jpc-Mailorder-Service 0180/5251717)

(NGZ)
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