NGZ-Serie über Skulpturen im Stadtbild und ihre Künstler Unter Barlachs Einfluss

Die Probleme mit den "geliebten Sorgenkindern", den Skulpturen im öffentlichen Raum, hat die NGZ bereits beleuchtet. Jetzt werden wir in einer Serie einige dieser Objekte und die Künstler, die sie geschaffen haben, vorstellen. Wir beginnen mit Hein Minkenberg, dem Schöpfer des "guten Hirten". Minkenbergs Skulptur "Der gute Hirte" steht an der Begräbnisstätte der Neusser Priester auf dem Hauptfriedhof. NGZ-Foto: A. Woitschützke

Die Probleme mit den "geliebten Sorgenkindern", den Skulpturen im öffentlichen Raum, hat die NGZ bereits beleuchtet. Jetzt werden wir in einer Serie einige dieser Objekte und die Künstler, die sie geschaffen haben, vorstellen. Wir beginnen mit Hein Minkenberg, dem Schöpfer des "guten Hirten". Minkenbergs Skulptur "Der gute Hirte" steht an der Begräbnisstätte der Neusser Priester auf dem Hauptfriedhof. NGZ-Foto: A. Woitschützke

Hein Minkenberg gehört zu den Künstlern, die auch nach dem Zweiten Weltkrieg der stilisierten Gegenständlichkeit aus den 20er und 30er Jahre treu geblieben sind, während in der unmittelbaren Nachkriegszeit abstrakte Darstellungsweisen in der Kunst weit an Raum gewannen, da das naturgetreue Abbild von Mensch und Natur in der Kunst durch die Nationalsozialisten diskreditiert schien. Dennoch lässt sich das Werk Hein Minkenbergs ganz und gar nicht in die Tradition der plumpen Antikisierung durch die braunen Machthaber stellen. Unzweifelhaft erinnern seine Werke vielfach an Ernst Barlach (1870-1938), dem norddeutschen Bildhauer und Grafiker.

Minkenbergs figürlichen Darstellungen sind durch Überzeichnungen und Idealisierungen geprägt, die das Wesen des Sujets herausarbeiten sollen. So erinnern seine Arbeiten durchaus auch an die ergreifende Eindringlichkeit einer Käthe Kollwitz (1867-1945). Das gilt insbesondere für die Pietà in der katholischen Pfarrkirche St. Marien, die Marienpfarrer Brucherseifer 1928 in der neugotischen Kirche aufstellen ließ. Sie war den Gefallenen des Ersten Weltkrieges gewidmet, stieß in ihrer damals modernen künstlerischen Gestaltung aber auf deutliche Zurückhaltung des breiten Publikums. Zu diesem Zeitpunkt, da Minkenberg die Pietà in Holz für St. Marien arbeitete, war er bereits ein weithin anerkannter Künstler. Auf dem Weg dorthin hatte es der junge Hein Minkenberg allerdings nicht leicht.

Zunächst musste sich der 1889 in Heinsberg geborene Sohn eines Dachdeckers mit seinem Berufswunsch gegen familiäre Überlegungen durchsetzen. So meinte ein Onkel, der selbst Priester war, der Junge solle gleichfalls in den geistlichen Stand treten. Minkenberg wählte aber die handwerkliche Ausbildung, die ihn nach Kleve, Paderborn und Osnabrück führte. Doch das Handwerk war ihm nicht genug, er suchte den künstlerischen Ausdruck. Zunächst aber wurde er 1915 Soldat und zog in den Krieg, in dem er 1917 schwer verletzt wurde. Die 20er Jahre sind es, die ihn zum Künstler werden lassen. Hier begegnet er auch dem Werk Ernst Barlachs, von dessen Einfluss er nachhaltig geprägt wird.

So wie Barlach werden aber auch die Werke Minkenbergs von den Nazis als "entartet" verworfen. Damit beginnt für den Künstler eine Zeit der Krise, denn wer wagt es noch seine "politisch unkorrekten" Werke zu kaufen? So findet er den Weg in seine späte Heimatstadt Neuss, wo er durch die Förderung der Familie Werhahn und durch Auftragsarbeiten für die katholische Kirche ein ordentliches Auskommen hat. In diese Zeit fällt auch die Arbeit "Der gute Hirte". Eine eindrucksvolle Arbeit in Stein, die die Begräbnisstätte der Neusser Priester bis heute schmückt. Natürlich bedeuteten Aufträge an Minkenberg jetzt eine deutliche Opposition gegen das braune Regime.

Dennoch hielten insbesondere die Pfarrer von St. Marien und St. Quirin, Colling und Liedmann, an Minkenberg fest, so dass manche seiner Werke noch heute in diesen Kirchen zu bewundern sind. Das änderte sich auch nicht, als das Priester-Grabmal "von Unbekannten" geschändet wurde. Nach dem Krieg konnte die Stadt Neuss dem beliebten Künstler offiziell ein Atelier am Hamtorwall zur Verfügung stellen. Auch in dieser Zeit blieb er der sakralen Kunst besonders verbunden. So wurde die Kapelle des Knabenkonviktes, Collegium Marianum, von Hein Minkenberg gestaltet (1947-1960) Er starb 1968 in Neuss und ist in seiner Geburtsstadt Heinsberg beigesetzt. Carsten Greiwe

(NGZ)
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