CDU-Kreisparteitag verabschiedet Leitantrag zu Finanzen "Uns fehlt vor Ort Luft zum Atmen"

CDU-Kreisparteitag verabschiedet Leitantrag zu Finanzen · Von Friedhelm Ruf

Von Friedhelm Ruf

Der CDU-Kreisparteitag hat am Wochenende einstimmig einen Leitantrag verabschiedet, der eine umfassende Reform der Gemeindefinanzen vorsieht. Bis Mittwoch soll daraus eine Resolution formuliert werden, die dem Kreistag zur Abstimmung vorgelegt werden soll. Auf die Dramatik des Themas waren die Teilnehmer des Parteitages vom Gelsenkirchener Oberbürgermeister Oliver Wittke eingestimmt worden. Der CDU-Kreisparteivorsitzende Hermann Gröhe MdB (l.) begrüßte zum Kreisparteitag in Kaarst den Oberbürgermeister von Gelsenkirchen, Oliver Wittke, der ein Referat über die finanzielle Situation der Kommunen hielt. NGZ-Foto: M. Reuter

"Die finanzielle Situation hat sich in den letzten Jahren kontinuierlich verschlechtert," sagte Oliver Wittke. Wie schlecht es den Kommunen gehe, habe man in Berlin noch nicht begriffen. Der Gelsenkirchener Oberbürgermeister, der bei der Kommunalwahl knapp die Nase vor seinem SPD-Herausforderer hatte, nannte strukturelle und aktuelle Ursachen für die Finanzmisere. So seien in den vergangenen Jahren immer mehr Aufgaben auf die kommunale Ebene übertragen worden, ohne die Kommunen mit den nötigen Finanzen auszustatten.

Als ein Beispiel nannte Wittke die Übertragung der Grundsicherung im Alter auf die Kommunen. Die zusätzliche Belastung liege bei 1,9 Milliarden Euro, doch nur 800.000 Mark würden überwiesen. "Unsere finanziellen Aufwändungen bleiben an den klebrigen Fingern des Finanzministers hängen." Allerdings verfahre man bei den Antragsformularen wie die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte. "Wir entscheiden das am 24. September, zwei Tage nach der Bundestagswahl. Dann hoffen wir, es gar nicht mehr machen zu müssen."

Ein weiteres Beispiel sei der Lärmminderungsplan in NRW. Die Kommunen müssten solche Pläne aufstellen und auch die Kosten übernehmen. "Ich habe Frau Höhn geschrieben, dass ich dazu nicht bereit bin, so lange das Land nicht die Kosten übernimmt. Ich leiste zivilen Ungehorsam, das kennt ja Frau Höhn noch aus ihrer früheren Zeit." Als Beispiel für aktuelle Ursachen der Finanzmisere nannte Wittke die Steuerpolitik, die es den großen Unternehmen erlaube, weder Gewerbe- noch Körperschaftssteuer zu zahlen, obwohl ein großes Energieunternehmen ("Die Presse schreibt immer Eon") 1,8 Milliarden Mark Bilanzgewinn gemacht habe. "Man muss kein Klassenkämpfer sein, um eine solche Steuerpolitik für ungerecht zu halten", sagte Wittke.

"Uns fehlt vor Ort die Luft zum Atmen", sagte der Oberbürgermeister. Er warb deshalb darum, den Bundestagswahlkampf als Kommunalwahlkampf zu führen. Für seine Rede wurde Wittke mit viel Beifall bedacht, der sich noch steigerte, als Kreisvorsitzender Hermann Gröhe MdB ihm einen Strampelanzug für seinen kürzlich geborenen Sohn Konstantin überreichte. Den Leitantrag zur Finanzreform, über den die NGZ bereits am 30. Mai ausführlich berichtet hatte, brachte der stellvertretende Kreisvorsitzende Marcel Vossschulte ein.

Kernpunkt des Antrags ist neben der Aufgabenkritik, dem Konnexitätsprinzip ("Wer die Musik bestellt, bezahlt") und der Finanzausstattung bei Aufgabenübertragung eine gerechtere Verteilung des Steueraufkommens zugunsten der Kommunen, wobei auch für die Kreise eigene Einnahmen gefordert werden. Auf die Notwendigkeit von sicheren, kalkulierbaren Einnahmen hatte Landrat Patt zuvor in einem Grußwort hingewiesen.

Er warb zudem für die Solidargemeinschaft im Kreis, um die Erfolge zu behaupten. "Wir müssen die gesamten Ausgaben und Aufgaben ins Lot bringen", forderte der Kaarster Bürgermeister Franz-Josef Moormann, der die Delegierten des Parteitages im Kaarster Bürgerforum begrüßte. Im Verlauf des Parteitages, der am Samstag wegen der Fußball-Weltmeisterschaft später begonnen hatte, wurden Delegierte für den Landesparteitag gewählt. Eine weitere Wahl betraf einen nach dem Rücktritt von Jens Hartmann verwaisten Beisitzerstuhl, auf dem nun Holger Ulrich Platz nimmt. Neue Schatzmeisterin wurde Brunhild Steinforth.

(NGZ)
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