Röcke und Tanktops sind kürzer als je zuvor Tanktop-Girlies in Klasse Sieben

Von Daniel Brinckmann

Von Daniel Brinckmann

Shon als Sänger und Bassist von "The Police" brachte es Sting 1980 auf den Punkt: "Young teacher, the subject of schoolgirl fantasy" verkündete der später erfolgreiche Solo-Künstler in der ersten Zeile seines Songs "Don't stand so close to me". Knackige Figürchen - wer sie hat, kann sich freuen. Aber was machen weniger gut proportionierte Klassenkameradinnen? NGZ-Foto: L. Berns. Sting: Als Musiker weiblichen Reizen erlegen - als Lehrer: abstinent. -->

Der Autor von "Message in a Bottle" kennt das Problem aus Erfahrung: Sting schrieb seine ersten Hits als Mathematiklehrer am Pult, während seine Schüler(innen) Klassenarbeiten machten. 20 Jahre später: Röcke und Tanktops sind kürzer als je zuvor, MTVIVAs Retortenkünstler machen's vor. Nicht der Lehrer wird angehimmelt, die Schülerin mit dem knappen Fetzen Baumwolle am Leib raubt dem Lehrer jegliche pädagogische Gedanken. Im Gegensatz zu Schulen in den USA oder in Brasilien, wo seit Jahren eine Kleiderordnung String-Tangas den Weg in die Wäscheschublade weist, gehe es in Deutschland zu heiß her, findet Lemke.

Reizwäsche passe vielleicht in die Diskothek oder das Freibad, "aber im Klassenzimmer sollen sich die Mädchen ordentlich anziehen", fordert der SPD-Politiker. Provokation für Referendare, Grundlage für größere soziale Differenzen und Kleinkriege - oder doch nicht? Grund genug für die Junge NGZ, zu fragen, wie beide Seiten - Schülerinnen und Schulleitungen - über den Kampf der Klamotten urteilen. Michael Schmidt, Rektor der Maximilian-Kolbe-Schule, nimmt's mit Humor: "Vor einigen Wochen ist eine bauchfrei tragende Schülerin aus der siebten Klasse von einer unserer Lehrerinnen aufgefordert worden, ein längeres T-Shirt zu anzuziehen."

Die gab der verdutzten Pädagogin allerdings zu verstehen, dass sie nichts längeres besäße, was von ihrer Mutter telefonisch auch bestätigt wurde. Der Schulleiter machte mit der luftigen Schönheit kurzen Prozess: "Wir haben ihr ein altes T-Shirt in die Hand gedrückt." Noten nach Maßen? Schmidt ist sich sicher: "Die Mädels versuchen es." Absolut unverständlich für die 18-jährige Lena, die ihre modischen Vorlieben am Alexander-von-Humbodt-Gymnasium auch weiter selbst bestimmen möchte: "Völlig unmöglich! Die Lehrer müssen sich selbst erst mal vernünftig anziehen", sagt sie, schränkt aber im selben Atemzug ein, "solange es keine Schuluniformen gibt."

Für Stielaugen bei Referendaren hat die Oberstufenschülerin kein Verständnis, denn "die müssen das auch lernen, sonst haben sie den falschen Beruf gewählt". Harte Worte. Am Gymnasium Marienberg sowie an der Höheren Handelsschuhe sind zu kurze Minis hingegen längst verpönt. Verständnis für knappe Textilien hat die Konrektorin der Mildred-Scheel-Realschule, Barbara Eichhorn: "Wir wissen damit umzugehen, natürlich sehen wir das in unserem Alter etwas anders, aber es ist halt der heutige Zeitgeist." Zu den Befürwortern einer gemäßigten Kleiderordnung zählt sich Burkhard Klaas, Leiter der Janusz-Korczak-Gesamtschule.

Dort ist das Thema seit einiger Zeit übrigens ein Diskussionspunkt der Schülervertretung. Bauchfrei sei inzwischen eine Form von versteckter Uniformität, meint der Pädagoge, der im Fach Sport regelmäßig viel Haut zu sehen bekommt. "Durch Kleidung werden Statuskämpfe in sozialen Milieus ausgetragen - offen oder versteckt", stellt Klaas unmissverständlich klar. "In Deutschland sind Uniformen vorbelastet, aber ich würde es begrüßen, wenn man sich auf eine gemäßigte Ordnung einigen könnte, bei der Abiturfeier geben sich ja auch alle durchweg elegant und Laufsteg-tauglich."

Man könne sich zu gewissen Anlässen nicht "anziehen, wie auf Mallorca am Strand." Neben vielen Schülerinnen, die auf ihren Stil und die modische Freiheit pochen, gibt es auch Schülerinnen, die die Initiative des Bremer Senators gut finden. Dazu zählt beispielsweise die 16-jährige Kira, Mittelstufenschülerin des Nelly-Sachs-Gymnasiums - obwohl sie sich ein bauchfreies Top durchaus erlauben kann. "Es gibt genügend Schülerinnen in der achten Klasse, die ihre Strings bis zum Hals tragen, in der Schule muss das einfach nicht sein."

Thi Cam Yen Do, die die neunte Klasse der Realschule Südstadt besucht, gibt an, in der Schule bewusst nicht bauchfrei zu tragen, auch wenn das in der Freizeit eine bequeme Sache sei - das "Tanga-Problem" gehe auch ihr gehörig auf den Geist. Die Meinungen bewegen sich auch innerhalb der Kollegien nicht gerade in die selbe Richtung, jeder Lehrer reagiert spontan nach Gutdünken, wie Rektor Gerhardt Kath vom Alexander-von-Humboldt-Gymnasium offen zugibt. "Es gibt natürlich junge Damen, die etwas freizügig sind. Mit einer kurzen Bemerkung kann man das aber unterbinden." Anlass für eine pädagogische Staatsaffäre biete die Debatte um die "Sexy Schülerschaft" sicher nicht.

Schmunzelnd bringt der Schulleiter seine Auffassung der Motive auf den Punkt: "Manchmal testen junge Menschen einfach die Grenzen des Geschmacks aus." Und wie lautet nun die Lösung des Problems um den "Hauch von Nichts"? Vielleicht hat sie Sting - der hat sich bekannterweise rechtzeitig auf seine Musik konzentriert. "Es gibt Sexbomben an unseren Schulen, da möchte ich nicht Junglehrer sein", echauffierte sich Bremens Bildungssenator Willi Lemke zu Wochenanfang. Mit seiner Meinung eckte der SPD-Politiker gehörig an - wenn man die selbstbewussten Neusser Schülerinnen als Maßstab nimmt.....

(NGZ)
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