Berufskolleg Weingartstraße Holocaust-Überlebende spricht zu Neusser Schülern

Neuss · Geschichte hautnah erlebten gestern rund 200 Schüler am Berufskolleg Weingartstraße. Dort erzählte die niederländische Jüdin Betty Bausch-Polak ihrer gebannten Zuhörerschaft, wie sie den Zweiten Weltkrieg er- und überlebt hat. "Als ich Hitler zum ersten Mal im Radio hörte, war ich so alt wie Sie heute sind", begrüßte die 97-Jährige die 16- bis 18-jährigen Schüler der Handelsschule, des Wirtschaftsgymnasiums und der Berufsschule.

Berufskolleg Weingartstraße: Holocaust-Überlebende spricht zu Neusser Schülern
Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Geschichte hautnah erlebten gestern rund 200 Schüler am Berufskolleg Weingartstraße. Dort erzählte die niederländische Jüdin Betty Bausch-Polak ihrer gebannten Zuhörerschaft, wie sie den Zweiten Weltkrieg er- und überlebt hat. "Als ich Hitler zum ersten Mal im Radio hörte, war ich so alt wie Sie heute sind", begrüßte die 97-Jährige die 16- bis 18-jährigen Schüler der Handelsschule, des Wirtschaftsgymnasiums und der Berufsschule.

"Ich wusste sofort, dass ich mich gegen ihn stellen muss." Nach dem Einmarsch der Deutschen in Holland am 10. Mai 1940 war das Leben von Betty Polak, wie sie damals hieß, als Widerstandskämpferin von andauernder Flucht und ständiger Angst geprägt. Nie blieb sie länger als drei Monate an einem Ort, arbeitete als Kindermädchen oder Dienstbotin. "Ich hatte manchmal drei verschiedene Ausweise mit unterschiedlichen Identitäten", sagt die Zeitzeugin, die solche Dokumente gerne mitbringt, wenn sie zum Vortrag in eine Schule eingeladen wird.

"Auch die haben mir das Leben gerettet." Ihre noch immer glasklaren Erinnerungen an ihr Leben im Untergrund mit ihrem Mann Philip de Leeuw, der 1944 von den Deutschen erschossen wurde, an ihre Zeit im Gefängnis und den mühevollen Weg zurück ins Nachkriegsleben erzählt die Zeitzeugin ihren jungen Zuhörern mit fester Stimme und in fast perfektem Deutsch. "Jugendliche haben noch die Chance, die Welt besser zu machen", begründet sie, warum sie trotz ihres hohen Alters alle drei bis vier Tage ihre Geschichte vor Schülern erzählt.

Ihren bereits fünften Besuch des Berufskollegs hat Berufsschulpfarrer Ralf Laubert organisiert. Viele der Schüler, die ihr mucksmäuschenstill zugehört haben, lassen sich das Buch "Bewegtes Schweigen" signieren, das Betty Bausch-Polak gemeinsam mit ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Lies Auerbach-Polak geschrieben hat. "Es gibt nicht mehr viele Zeitzeugen, die den Holocaust überlebt haben", sagt Schulleiter Dieter Bullmann.

Um so wichtiger sei dieser Besuch der Holländerin, die heute von Bundespräsident Joachim Gauck empfangen wird. Julia Rommelfanger

(NGZ)
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