Sanierung von St. Sebastian in Neuss 70 Jahre alte Skizze dokumentiert Kriegsschäden

Neuss · Erstes Semester Architektur – und Student Otto Saarbourg wurde gleich wieder nach Hause geschickt. Allerdings mit einem Spezialauftrag. Er sollte den damaligen Zustand des Gotteshauses in Zeichnungen darstellen.

 Der jämmerliche Zustand der im Zweiten Weltkrieg zerstörten St.-Sebastianus-Kirche wurde 1950 von dem Architekturstudenten Otto Saarbourg auf Papier festgehalten. Er musste im Auftrag seiner Hochschule die Kirche vermessen.

Der jämmerliche Zustand der im Zweiten Weltkrieg zerstörten St.-Sebastianus-Kirche wurde 1950 von dem Architekturstudenten Otto Saarbourg auf Papier festgehalten. Er musste im Auftrag seiner Hochschule die Kirche vermessen.

Foto: Christoph Kleinau

Gemeinsam mit einem Kommilitonen sollte der heute 94-Jährige Anfang 1950 für seine Hochschule, die RWTH Aachen, die Reste der im Zweiten Weltkrieg zerstörten St.-Sebastianus-Kirche exakt ausmessen und den damaligen Zustand des Gotteshauses denkmalpflegerisch in Zeichnungen darstellen. „Zuvor habe ich jedoch diesen Trümmerhaufen auf einem Zeichenblock in einer Freihandskizze festgehalten“, sagt Saarbourg. An diese Skizze hat er sich jetzt wieder erinnert, weil an dem barocken Kirchlein aktuell wieder gearbeitet wird.

Bis zum Jahresende sollen an der Kirche an der Niederstraße das Türmchen saniert, das Dach neu eingedeckt und die Balken des Dachstuhles verstärkt werden. In einem zweiten Schritt werden dann die Fassaden saniert und neu gestrichen. Eine Million Euro lassen sich das Erzbistum und die Gemeinde St. Quirin die Verschönerung dieser Kirche kosten, die als Beicht- und Anbetungskirche für Oberpfarrer Monsignore Guido Assmann von großer Bedeutung für die City-Pastoral ist.

 Otto Saarbourg wirkte seit 1953 als Architekt in Neuss.

Otto Saarbourg wirkte seit 1953 als Architekt in Neuss.

Foto: Maren Könemann

Mehr als die Umfassungsmauern des Hauptschiffes hatte der Bombenkrieg von St. Sebastian nicht zurückgelassen. 1942/43 hatte die 1718 errichtete Kirche – die vierte an diesem Platz – die schwerwiegendsten Treffer hinnehmen müssen. All das lag schon fast acht Jahre zurück, als Saarbourg mit Zollstock und Schreibblock in der Ruine herumkletterte. Sein Aufmaß ging als Probearbeit an den Lehrstuhl für Denkmalschutz seiner Uni – „Denkmalschutz mussten wir ja gleich belegen“, sagt Saarbourg. Das Original seiner zuvor aufs Papier geworfenen Skizze vermutet er in einem Archiv. Denn auch die Aquarelle, mit denen er seine künstlerisch-gestaltenden Fähigkeiten belegen musste, um überhaupt an der Hochschule angenommen zu werden, habe er an ein Archiv abgegeben, sagt Saarbourg, der vor dem Studium schon eine Schreinerlehre abgeschlossen hatte.

Ob seine Daten eine Rolle spielten, als 1955 der Wiederaufbau der Kirche begann, weiß Saarbourg nicht. Er hatte mit diesem Projekt nichts zu tun, das seiner Erinnerung nach federführend von Käthe Gilges begleitet wurde. Er selbst hatte zwar 1953 sein Architektenexamen bestanden, war aber wohl für eine solche Baustelle noch zu unerfahren.

Das erste Projekt in seiner Heimatstadt, wo er 1926 geboren wurde und an der Friedrichstraße aufwuchs, war weitaus profaner, unter dem Strich aber ein Glücksfall, wie Saarbourg sagt. Er erhielt den Auftrag, die Personalwohnheime für das Lukaskrankenhaus zu errichten und konnte mit dem Honorar seine Familie ein Jahr über Wasser halten. Das erste Wohnhaus, das ihm anvertraut wurde, gab Franz Reinhart bei ihm in Auftrag. Es entstand an der Langenbachstraße. Der schönste Entwurf seines Berufslebens aber gelang Saarbourg nach eigener Überzeugung mit der Anfang 1966 eingeweihten evangelischen Versöhnungskirche an der Furtherhofstraße.

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