Handball Zwei TSV-Handballer bei der WM dabei

Dormagen · Der Weltverband IHF hat entschieden, dass das Nationalteam der USA ohne Qualifikation an der Weltmeisterschaft in Ägypten teilnehmen kann. Sehr zur Freude der Brüder Patrick und Ian Hüter vom Zweitligisten Bayer Dormagen.

 Ian und Patrick Hüeter (v.l.) bei den Panamerikanischen Spielen 2019 im Trikot der US-amerikanischen Nationalmannschaft. Im Januar möchten sie es bei der WM in Ägypten überziehen.

Ian und Patrick Hüeter (v.l.) bei den Panamerikanischen Spielen 2019 im Trikot der US-amerikanischen Nationalmannschaft. Im Januar möchten sie es bei der WM in Ägypten überziehen.

Foto: Lima 2019

Patrick und Ian Hüter sind mit einer gesunden Portion sportlichem Ehrgeiz ausgestattet. Sonst hätten die beiden Handballer als Eigengewächse nicht den Sprung in Zweitliga-Mannschaft des TSV Bayer Dormagen geschafft, wo sie auch noch zu den Leistungsträgern gehören. Deswegen hätten sie auch liebend gerne die Qualifikation für die Weltmeisterschaft vom 13. bis 31. Januar 2021 in Ägypten mit der Nationalmannschaft der USA auf dem Spielfeld geschafft. Doch weil wegen der Corona-Pandemie das entsprechende Qualifikationsturnier für die Vertreter der Regionen Nordamerika und Karibik nicht ausgerichtet werden konnte, entschied der Weltverband IHF jetzt, die US-amerikanische Mannschaft direkt für die WM zu nominieren.

„Es wäre natürlich optimal gewesen, sich auf sportlichem Weg zu qualifizieren. Aber wir befinden uns derzeit eben nicht in einer normalen Zeit, und deswegen sind wir einfach total glücklich, dass wir die Chance bekommen, für unser Land zu spielen und die Sportart in den USA populärer zu machen. Nach Olympia ist es für einen Handballer das Größte, sich bei einer WM mit den besten der Welt zu messen“, sagt der 25-jährige Patrick Hüter. Eigentlich, so erklären die Hüters, hätte die Qualifikation vor rund einem Monat in Mexiko über die Bühne gehen sollen, doch wegen Corona erfolgte eine Absage. Dann herrschte eine längere Hängepartie, weil nicht klar war, wer denn aus dieser Region zu den globalen Titelkämpfen fährt. Dass die Entscheidung auf die USA und nicht auf Länder wie Kanada, Grönland und Puerto Rico gefallen ist, begründet die IHF sportlich, wirtschaftlich strategisch.

Sportlich spricht für die US-Amerikaner, dass sie von den genannten Nationen bei den Panamerikanischen Spielen 2019 als Sechste die beste Platzierung holten. Zudem verweist der Weltverband darauf, dass die USA mit ihrer großen Bevölkerungszahl ein wichtiger Markt für die weltweite Entwicklung des Handballs seien. Mit großen TV-Sendern des Landes wurden schon Vereinbarungen getroffen, WM-Spiele zu übertragen. Strategisch gesehen legt die IHF auch Wert darauf, bei den Olympischen Spielen 2028 starke Gastgeberteams präsentieren zu können, und Olympia geht in acht Jahren nun mal in Los Angeles über die Bühne. Für Patrick Hüter und seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Ian ist es ein großer Traum, auch dann noch dabei zu sein und auf dem Weg dorthin dafür zu sorgen, dass der Handball im Heimatland ihrer Mutter an Bekanntheit deutlich zulegt.

Denn bislang spielt dort der in Deutschland so beliebte Sport neben den großen Vier American Football, Basketball, Eishockey und Baseball keine Rolle. „Dabei haben die Amerikaner eigentlich optimale Voraussetzungen. Wenn die Top-Basketballer Handball spielen würden, könnten sie mit Blick auf die Physis den Welthandball beherrschen. Wir wollen dazu beitragen, dass Handball in den USA verstanden wird“, meint Ian Hüter. 2018 waren er und sein Bruder angesprochen worden, ob sie angesichts ihrer doppelten Staatsbürgerschaft (der Vater ist Deutscher) nicht Lust hätten, für die USA aufzulaufen. „Die deutsche Nationalmannschaft hat doch noch mal ein anderes Level und war einfach zu weit weg. Deswegen wollten wir nicht warten und die Chance nutzen, mit Blick auf Olympia 2028 etwas aufzubauen“, erinnert sich Patrick Hüter.

Bereut haben sie diese Entscheidung keine Sekunde. Unter dem ehemaligen schwedischen Weltklassespieler Robert Hedin, der im Sommer 2018 das Amt des US-Nationalcoaches antrat, haben sie in der relativ kurzen Zeit schon einiges erlebt. Bisheriger Höhepunkt waren 2019 die Panamerikanischen Spiele in Peru. Auch wenn die Mannschaft mit Spielern aus aller Herren Länder, die einen amerikanischen Pass besitzen, aber in anderen Ländern von Kindesbeinen an Handball spielen, ziemlich zusammengewürfelt ist, fühlen die beiden Hüters in der Gruppe sehr wohl. „Da hat jeder seine persönliche Geschichte und Beziehung zu den USA. Aber wir spielen alle für ein Land und wollen das Konzept dahinter unterstützen“, erklärt Ian Hüter. Große Eingewöhnungszeit brauchten die beiden Brüder auch nicht. Schließlich haben sie den American Way of Life mit der Muttermilch aufgesaugt, und zwischendurch wuchsen sie zwei Jahre in San Francisco auf, wo auch die Großeltern noch leben. So ist es wenig verwunderlich, dass auch die Sprache kein Problem darstellt. „Wir hatte das große Glück, dass unsere Mutter nur Englisch mit uns gesprochen hat“, sagt Patrick Hüter.

Bis zum nächsten Highlight mit dem US-Nationalteam ist es nach der Entscheidung der IHF gar nicht mehr lange hin. Erster Gegner ist am 14. Januar Österreich, danach geht es noch in der Gruppe gegen die internationalen Schwergewichte Frankreich und Norwegen. „Bei ihren bislang sechs WM-Teilnahmen haben die USA noch kein Spiel gewonnen. Das wollen wir ändern, und da stehen die Chance gegen Österreich natürlich am besten“, weiß Ian Hüter. Wobei die die beiden Brüder am Beispiel der Saison in der 2. Bundesliga auch sehen, wie schnell das Corona-Virus alles verändern kann. Erst am Samstag fiel kurzfristig die Heimpartie gegen den TuS Ferndorf nach der Absage am 25. Oktober zum zweiten Mal aus. Mit Blick auf die WM sind sie aber zuversichtlich: „Eine Absage wäre enorm schade. Es wird aber bestimmt alles dafür getan, damit die Weltmeisterschaft stattfinden kann.“

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