TSV Bayer Dormagen Wichtig ist am Ende

Von Volker Koch

Von Volker Koch

Weil die Verfolger patzten und er selbst durch einen 27:23-Sieg seine weiße Weste in Spielen gegen den TV Gelnhausen wahrte, darf Handball-Zweitligist Bayer Dormagen weiter auf Platz vier hoffen. Statt Schonung sechs Tore: Martin Baekhoej setzt sich gegen Stallmann, Indest und Schröder (v. l.) durch. -->

Würde der viel zu früh verstorbene Dieter Bartke noch leben, er hätte sich am Samstagabend bestätigt gefühlt. "Wichtig ist am Ende", das war eine der Handball-Weisheiten der Torhüterlegende, die für Essen, Göppingen, Düsseldorf und Dormagen 312 Erstliga-Spiele bestritt. Will heißen: Was nützt es, wenn du in der ersten Halbzeit über dich hinauswächst und in den letzten Spielminuten die entscheidenden Gegentreffer kassierst?

"Wichtig ist am Ende" - der TSV Bayer Dormagen führte am Samstagabend den Beweis, dass Bartkes Handball-Weisheit dessen allzu frühen Tod überdauert hat. Denn "am Ende" der Partie beim TV Gelnhausen, da triumphierten die Dormagener, die zwischenzeitlich schon 1:4 (7.), 10:13 (26.) und letztmalig mit 19:20 (43.) zurückgelegen hatten, und behielten im fünften Vergleich beider Klubs zum fünften Male die Oberhand: Mit 27:23 (Halbzeit 13:14) sogar deutlicher, als es über weite Strecken der kampfbetonten und hochspannenden Auseinandersetzung möglich schien.

Und er tat dies nicht zuletzt deshalb, weil am Ende Joachim Kurth zwischen den Dormagener Torpfosten eine überragende Leistung bot. "Wichtig ist am Ende" - was nützte es da dem TV Gelnhausen, dass Jasmin Camdzic in der Anfangsphase die Dormagener Angreifer schier zur Verzweiflung gebracht hatte? 13 gehaltene Bälle wies der Spielbericht für den Torhüter der Hessen aus nach den ersten dreißig Minuten.

Bälle, die Camdzic blitzschnell wieder ins Spiel brachte und die seine Vorderleute umgehend zu Gegenstoßtoren nutzten. Fast schien es, als sollte den Dormagenern im Wirbel der zweiten Welle, den insbesondere Anders Indset, Nico Greiner und Marc Stallmann entfachten, Hören und Sehen vergehen. Doch je weniger Camdzic hielt - im zweiten Durchgang bis zu seiner Auswechslung in der 47. Minute nur noch zwei Bälle - um so mehr wurde deutlich, dass Gelnhausen nur von dieser zweiten Welle lebte.

Aus den Positionsangriffen fiel den Gastgebern immer weniger gegen die aggressive und gut gestaffelte Dormagener Deckung ein. Und weil das, was Jouri Sadovski und Arnar Geirsson in den letzten zehn Minuten im Gelnhausener Rückraum praktizierten, eher Stand-Handball glich, drehte sich die Partie zugunsten der Gäste. Da konnten es die Dormagener sogar verschmerzen, dass der für Camdzic zwischen die Pfosten gerückte Nikolai Weber gleich drei Siebenmeter hielt - darunter beim Stande von 24:22 für den TSV einen von Tobias Plaz drei Minuten und 58 Sekunden vor dem Schlusspfiff, der entscheidend hätte sein können.

Denn "normalerweise" kippen solche Spiele noch einmal zugunsten der Heimmannschaft. Dass dem am Samstagabend nicht so war, hatten die Dormagener drei Faktoren zu verdanken: Erstens der überharten Gangart der Gelnhausener, die sich durch eine Fülle von Zeitstrafen selbst schwächten. Erst sieht Indset die Rote Karte für seine dritte Zeitstrafe (56:02), dann Stallmann direkt "Rot" wegen eines hässlichen Fouls an dem zu einem Kempa-Trick in den Kreis fliegenden Tobias Plaz (58:50).

Zweitens einer erneut überragenden Leistung von Nils Meyer als Regisseur und Torschütze. Kein Zufall, dass er am Ende sogar die Verantwortung vom Siebenmeterpunkt übernahm, nachdem zuvor Kopeinigg und Plaz gescheitert waren. Und drittens einer ebenso überragenden Vorstellung von Joachim Kurth, der in den letzten neun Minuten sieben Würfe abwehrte. Weber hingegen hielt außer den Dormagener Strafwürfen nichts - "wichtig ist am Ende."

Der Sieg, bereits der achte der laufenden Saison in einer gegnerischen Halle, deckte Licht und Schatten auf auf Seiten der Dormagener. Licht, weil die Mannschaft als solche auftrat - auch Trainer Kai Wandschneider lobte die "geschlossen starke Mannschaftsleistung" -, weil sie in kritischen Situationen Ruhe bewahrte und auch angesichts heftigster Anti-Stimmung von den Rängen kein Nervenflattern zeigte. Schatten, weil sie mal wieder deutlich machte, dass der TSV zu sehr von einigen Leistungsträgern abhängig ist.

Neben Kurth und Meyer war es diesmal vor allem Martin Baekhoej: Der Däne sollte aufgrund seiner Knieverletzung eigentlich geschont und nur in der Deckung eingesetzt werden. Doch weil Rainer Hantusch in den ersten zehn Minuten gleich drei Mal an Camdzic scheiterte, beorderte Wandschneider Baekhoej auch in den Angriff. Wo er mit seinen sechs Treffern zeigte, dass er in der derzeitigen personellen Besetzung unverzichtbar ist für den TSV. Der mit einem gesunden Baekhoej am Freitag (20 Uhr) mit der SG Willstätt/Schutterwald einen der Verfolger auf Distanz halten kann.

(NGZ)
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