Fußball Was den VfR Neuss und Liverpool verbindet

Neuss · In dieser Woche ließ Jörg Schmadtke aufhorchen, er bekam den Posten als Sportdirektor bei den Reds. Beim Traditionsverein aus der Quirinusstadt versuchte er sich erstmals als Cheftrainer im Fußball.

 Jörg Schmadtke mit Betreuer Peter Lewandowski und Masseur Erwin van den Berg (v.r.) in seiner Zeit beim VfR Neuss.

Jörg Schmadtke mit Betreuer Peter Lewandowski und Masseur Erwin van den Berg (v.r.) in seiner Zeit beim VfR Neuss.

Foto: A. Woitschützke

Durch den neuerlichen Abstieg in die Kreisliga C ist der VfR 06 Neuss zwar wieder in der absoluten sportlichen Bedeutungslosigkeit angekommen, doch klar ist auch, dass der Traditionsverein schon deutlich bessere Zeiten erlebt hat. Und in diesen Zeiten war die Anziehungskraft des VfR teils so groß, dass dort immer wieder namhafte Fußballer, aber auch Trainer anheuerten, die sogar überregional für Aufsehen sorgten. Daraus entstanden im Laufe der Jahre Geschichten, mit denen mehrere Bücher gefüllt werden könnten. Jetzt kommt ein weiteres Kapitel hinzu, denn ein gewisser Jörg Schmadtke sorgte in dieser Woche dafür, dass die wohl erste personelle Verbindung vom VfR zum englischen Kultklub FC Liverpool entstanden ist.

Denn was nur noch wenige wissen dürften: Der neue Sportdirektor der Reds versuchte in der Saison 2000/2001, bei den Neussern den Einstieg ins Trainergeschäft zu schaffen. Nachdem er bei Borussia Mönchengladbach seine Profikarriere als Torwart beendet hatte, wurde er dort im November 1998 Co-Trainer von Rainer Bonhof. Nach dem Erstliga-Abstieg und einem verpatzten Zweitliga-Start musste er zusammen mit Bonhof gehen, über Umwege kam er dann einige Monate später zum Verbandsligisten VfR. „Der VfR Neuss ist nicht die schlechteste Adresse“, erklärte Schmadtke damals gegenüber unserer Redaktion. Sein Ziel war es dann, in erster Linie etwas aufzubauen und die einzelnen Spieler in ihrer Entwicklung voranzubringen.

Sportlicher Leiter war damals der 2020 verstorbene Joachim Fuchs, im Kader standen VfR-Größen wie Wolfgang Höfchen, Bernd Meiners und Jörg Ferber. Ferber war sogar Kapitän der Mannschaft. Bei ihm überwiegen die positiven Erinnerungen: „Jörg Schmadtke war ein lockerer Typ, der die richtigen Worte gefunden hat, wir konnten mit allem zu ihm kommen. Er hat versucht, viel im Verein zu verändern.“ Gleichwohl geriet Ferber auch mal mit Schmadtke aneinander, nämlich als der ihn bei einer Niederlage in Viersen trotz der Kapitänsrolle auf der Bank schmoren ließ und Ferber 15 Minuten vor Abpfiff in der Kabine verschwand. Anschließend durfte er zwar wieder spielen, dennoch setzte sich die insgesamt verkorkste Hinrunde fort. Als die Neusser nach einer 1:2-Niederlage beim SC Schiefbahn auf den letzten Platz abrutschten, zog Schmadtke die Konsequenzen, trat nach nur 14 Partien als VfR-Coach zurück. „Jetzt ist noch genug Zeit, die Mannschaft kennenzulernen und in der Winterpause eine gute Vorbereitung zu machen. Vielleicht kann ein neuer Trainer einen besseren Kontakt zur Mannschaft herstellen und weckt wieder neue Lebensgeister“, meinte Schmadtke damals.

Das klappte nicht ganz, weder Interimscoach Joachim Fuchs noch der später verpflichtete Ex-Profi Heiko Peschke konnten den Abstieg verhindern. „Ich denke, der VfR hat Jörg Schmadtke geprägt und war für seinen Werdegang wichtig. Es war keine erfolgreiche Zeit, aber er hat viel erlebt, woraus er lernen konnte“, meint Jörg Ferber. Nur positive Erinnerungen hat Peter Lewandowski, der als Torwarttrainer und Betreuer unter Schmadtke arbeitete: „Das war eine tolle Zeit, er hat gesagt, was er meint. Von ihm konnte man viel lernen, wie man mit Menschen umgeht.“ Klaus Becker war damals 2. Vorsitzender des VfR. Er erkannte ziemlich schnell, dass der Trainerjob nicht Schmadtkes größte Stärke war. „Er war nicht so emotional, sondern ist eher strategisch-konzeptionell an die Dinge herangegangen“, sagt Becker. So habe Schmadtke auch nach seinem Abschied als Trainer weiter an einem Jugendkonzept für den VfR gearbeitet. Damit war es erst vorbei, als er im Dezember 2001 bei Alemannia Aachen anheuerte. Dort begann seine erfolgreiche Karriere als Sportdirektor, die nun in Liverpool ihren Höhepunkt findet.

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