Tischtennis Ukrainerinnen verstärken Holzbüttgen

Holzbüttgen · Mit Valerija Mühlbach haben die Drittliga-Tischtennisspielerinnen der DJK gute Erfahrungen gemacht. Nach ihrem Abschied sollte ihre Landsfrau Iolanta Yevtodii im September auf sie folgen. Der Ukarine-Krieg hat alles verändert.

Iolanta Yevtodii (r.) und ihre Schwester Diana sind aus der Ukraine geflüchtet und spielen nun bei der DJK Holzbüttgen.

Iolanta Yevtodii (r.) und ihre Schwester Diana sind aus der Ukraine geflüchtet und spielen nun bei der DJK Holzbüttgen.

Foto: Jens Rustemeier

Eigentlich war die Ankunft von Iolanta Yevtodii erst zum Saisonstart Anfang September geplant. Die bisherige Drittliga-Spitzenspielerin der DJK Holzbüttgen, Valerija Mühlbach, hatte den Kontakt zu dem 17-jährigen Talent aus Odessa vor ihrem Abschied geknüpft. Der Krieg in der Ukraine hat dann alles verändert. Zusammen mit ihren beiden älteren Schwestern Iryna und Diana ist Iolanta aus der Ukraine geflüchtet. Über einige Umwege ist das Geschwister-Trio heil in Kaarst angekommen. Seitdem kümmert sich eine Gruppe von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern aus dem Umfeld des Vereins um die drei jungen Frauen, die in ihrer Heimat ihre Eltern, ihren Ehemann (Iryna), ihre Verwandten und Freunde zurücklassen mussten, um in Deutschland auf unbestimmte Zeit ein neues Leben anzufangen.

Seit kurzem haben sie als Geschwister-WG einen festen Wohnsitz in Holzbüttgen. Neben Iolanta, die in der kommenden Saison als neue Spitzenspielerin in der 3. Liga für die DJK spielen soll, wird auch die 24-jährige Diana die Kaarsterinnen in der zweiten Mannschaft verstärken. Iryna (27) hat in der Ukraine Handball gespielt. „Wir sind sehr herzlich aufgenommen worden. Die Menschen hier sind sehr nett und kümmern sich wirklich rührend um uns“, sagen die drei sympathischen Ukrainerinnen. Der Weg nach Kaarst war aber eine Tortur: Als die ersten Bomben am Militärflughafen ihrer Heimatstadt Odessa fielen, entschieden sich die drei Schwestern zur Flucht. Das war keine einfache Entscheidung, weil sie nicht nur ihre Familie und Freunde zurücklassen mussten, sondern von heute auf morgen ihre Arbeit und ihr Studium verloren haben. Iryna und Diana hatten einen guten Job im Flughafen von Odessa. Sie waren für den VIP-Bereich zuständig, wo sie neben Schauspielern und Musikern zum Beispiel auch Bekanntschaft mit dem ukrainischen Präsidenten Selensky gemacht haben.

Von den Eltern sind sie von Odessa an die polnische Grenze gebracht worden. Von dort hat sich das Trio alleine durchgeschlagen. Zuerst zu Fuß nach Polen, bevor es dann in einer 36-stündigen Odyssee über Posen, Frankfurt/Oder und Berlin zunächst nach Schweinfurt ging, bevor dann Kaarst angesteuert wurde. An ihre Heimat bleibt ihnen jetzt erst einmal nur die Erinnerung und die täglichen Kontakte nach Hause: Mit ihrer Familie sind sie im ständigen Austausch und hoffen weiter darauf, dass es die Stadt Odessa am Schwarzen Meer nicht ganz so schlimm trifft. Ob sie aber jemals in ihre Heimatstadt zurückkehren, ist fraglich: „Wenn Odessa russisch wird, kehren wir nicht zurück“, sagt Diana. Der größte Wunsch ist es, dass die Familie wieder zusammengeführt wird. Iryna hofft darauf, wieder mit ihrem Mann leben zu können. Jetzt wollen sie aber erst einmal in Deutschland Fuß fassen, die Sprache lernen, studieren oder arbeiten.

Die Pläne von Iolanta Yevtodii konzentrieren sich dabei voll auf den Sport. Mit sechs Jahren hat sie angefangen, Tischtennis zu spielen. Sie ist über ihre Schwester Diana und ihren Vater, der selbst seit über 40 Jahren spielt, zu dem Sport gekommen. In ihrer Heimat hat sie bis zu neunmal in der Woche trainiert, also täglich und an manchen Tagen sogar zwei Einheiten. Auch in Deutschland will sie so viel wie möglich trainieren. Dreimal die Woche ist das in Holzbüttgen möglich. Dazu darf sie zusätzlich das deutsche Tischtenniszentrum in Düsseldorf besuchen, wo sie bereits zusammen mit der Deutschen Jugend-Nationalmannschaft trainiert hat. In der Ukraine hat Iolanta zuletzt in der höchsten nationalen Liga, der „Super-League“ gespielt, ihre Mannschaft hieß „Dream Team“. Auf ein neues Traumteam hofft sie jetzt auch in Holzbüttgen.

Wobei noch nicht ganz klar ist, wie die restliche Besetzung des Drittligateams aussieht. Eigengewächs Jana Vollmert und die Polin Martyna Dziadkowiec hatten zwar schon frühzeitig ihre Zusagen für nächste Saison gegeben, doch die Niederländerin Rachel Gerarts hat sich jetzt entschieden, wegen ihrer Long-Covid-Erkrankung den Verein zu verlassen. Deswegen laufen die personellen Planungen bei der DJK weiter. Derweil hat Iolanta Yevtodii große Ziele: „Ich hoffe, dass ich mich sportlich weiterentwickeln kann. Mein Ziel ist es, einmal an Europa- und Weltmeisterschaften teilzunehmen.“ Zuvor steht aber bei allen Dreien die Integration in Deutschland im Vordergrund. In Holzbüttgen wird für die drei alles getan, damit das gelingt.

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