NGZ-Serie: Außergewöhnliche Sportarten Faustball hält bis ins hohe Alter fit
Grevenbroich · Im Rhein-Kreis war das aus dem Süden Europas kommende Rückschlagspiel mal eine große Nummer.
Früher sehr beliebt und oft gesehen, mittlerweile ein Exot unter den Sportarten im Rhein-Kreis – die Faszination für Faustball nimmt immer weiter ab. Bei Jugendlichen kaum noch bekannt, war es bis vor einigen Jahrzehnten ein viel gespielter Turn-Sport, der mittlerweile nur noch als Randsportart fortlebt. Doch die Gruppe „Junge Hüpfer“ vom TV Orken hält gemeinsam mit dem TK Grevenbroich für den Rhein-Kreis das Fähnlein hoch.
Über eine Gymnastik-Gruppe fanden die Sportler Freude an der mittlerweile außergewöhnlichen Ballsportart, die als Abwechslung zum normalen Training im Sommer draußen gespielt wurde. Zwar steht auch heute immer noch die Gymnastik im Vordergrund, zwei Drittel der Trainingszeit entfallen jedoch auf den Faustball. „Meist kommen ungefähr 15 Männer zu unserem wöchentlichen Training“, erklärt der langjährige Übungsleiter Karl-Heinz Kamps und fügt hinzu: „Dann spielen wir fünf gegen fünf und die restlichen Sportler bekommen in der kleinen Halle nebenan Technik-Training“.
Die nicht-olympische Sportart schwappte vermutlich schon vor dem 20. Jahrhundert aus Italien in den Norden herüber und gilt als Vorgänger des Volleyballs. Durch eine Leine getrennt, über die der mit Luft gefüllte Ball gespielt werden muss, stehen sich zwei Mannschaften mit je fünf Personen gegenüber – auch das erinnert stark an Volleyball. Der große Unterschied ist aber, dass der Ball, bevor er gespielt wird, einmal auf den Boden aufprallen darf, bevor man ihn zum Mitspieler passt. Ein Pass wird dabei mit der Innenseite des Unterarms gespielt. Ein Angriff und der Aufschlag hingegen, wie der Name schon verrät, mit der Faust. Nach drei Berührungen muss der Ball das gegnerische Halbfeld erreicht haben.
Eine Faustball-Mannschaft setzt sich aus zwei Verteidigern, einem Verteiler und zwei Angreifern zusammen, die das Ziel haben, den Gegner möglichst zu Fehlern zu zwingen. „Das Tolle daran ist, dass man es bis ins hohe Alter spielen kann – unser ältester Spieler ist schon 88 Jahre alt und kann noch immer gut mithalten“, sagt Karl-Heinz Kamps und versichert: „Mit Faustball kann man auch noch im hohen Alter beginnen. Man sollte allerdings schon einmal eine Ballsportart gespielt haben, wodurch ein gewisses Ballgefühl vorhanden sein sollte.“
Einmal im Jahr trägt der Turnverein Orken die offenen Stadtmeisterschaften aus, an denen auch Mannschaften aus den Niederlanden teilnehmen. Dort konnte der TVO in den vergangenen Jahren schon sechs Mal das Turnier für sich entscheiden. Aber auch an größere Turniere haben sich die „Jungen Hüpfer“ schon gewagt: Vor 25 Jahren trugen sie den Europacup im Rhein-Kreis aus, an denen die großen Faustball-Nationen Dänemark, Italien, Österreich und Deutschland teilnahmen. Selbst konnten sie, als sie sich vor einigen Jahren bei den Deutschen Meisterschaften mit 150 Teams maßen, den elften Platz erreichen. Am Ligabetrieb hat Kamps mit der Mannschaft jedoch nie teilgenommen. „Bei uns standen schon immer die Gymnastik und die Geselligkeit im Vordergrund, die dann in der dritten Halbzeit ausgelebt wird“, sagt der 75-Jährige schmunzelnd. Das findet dann in gemeinsamen Trainingslagern und Grillabenden mit befreundeten Vereinen seinen Ausdruck.