Sponsoren stehen nicht gerade Schlange Trotz Höhenflugs nicht abgehoben

Von Volker Koch Klar, die Welle beherrschen sie wie ihre Kollegen aus dem Profi-Lager auch. Doch kaum ist der Jubel über einen Sieg verebbt, wird der Unterschied deutlich: Wenn andere Handballer unter die Dusche oder gleich an die Theke gehen, bauen die Spielerinnen des Neusser HV erst einmal eigenhändig die Tore in der Hammfeldhalle ab und ersetzen sie durch die größeren Gehäuse für die nachfolgenden Männerteams.

Von Volker Koch Klar, die Welle beherrschen sie wie ihre Kollegen aus dem Profi-Lager auch. Doch kaum ist der Jubel über einen Sieg verebbt, wird der Unterschied deutlich: Wenn andere Handballer unter die Dusche oder gleich an die Theke gehen, bauen die Spielerinnen des Neusser HV erst einmal eigenhändig die Tore in der Hammfeldhalle ab und ersetzen sie durch die größeren Gehäuse für die nachfolgenden Männerteams.

Ein Bild mit Symbolcharakter: Denn abgehoben sind die Neusser Handballerinnen trotz ihres Höhenfluges, der sie auch nach dem achten Spieltag noch an der Tabellenspitze der Regionalliga West sieht, keineswegs. Ganz im Gegenteil: "Die kriegen ja noch nicht mal Fahrgeld", sagt Gaby Palme über ihre ehemaligen Mitspielerinnen.

Die Ex-Weltmeisterin aus Magdeburg, die nach der Wiedervereinigung ins Rheinland kam und den Neusser Frauen-Handball aus dem Dornröschenschlaf erweckte, ist voll des Lobes über die Einstellung, die die junge Truppe von Trainer Jörg Hermes an den Tag legt: "Die meisten von ihnen studieren, gehen nebenbei noch arbeiten - und spielen mittlerweile einen tollen Handball."

Und das in einer Mannschaft, der die Zukunft gehört: Barbara Ritzenhoff, Annika Jakob, Kerstin Bienefeld (alle 27) und Melanie Rückert (26) sind die "Seniorinnen" im 16-köpfigen Kader. Alle anderen Feldspielerinnen sind vom Jahrgang 1981 oder jünger. Nur Torfrau Rebekka Titze, die einen Tag vor Silvester 29 Jahre alt wird, fällt altersmäßig etwas aus dem Rahmen.

Doch der Nachwuchs drängt auch zwischen die Pfosten: Julia Schäfer, die am Sonntag beim 39:26-Sieg über den (noch jüngeren) Talentschuppen von Bayer Leverkusen mit tollen Paraden glänzte, ist erst 17, Katrin Hermanns 21 Jahre jung. Ob das nicht mit Blick auf mögliche Zweitliga-Ambitionen zu viele "Küken" sind, darüber wird beim NHV (noch) nicht gesprochen: "Über das Thema Aufstieg reden wir höchstens hinter den Kulissen", sagt Gaby Palme, "die Mädels sollen einfach locker aufspielen."

Auch Trainer Jörg Hermes hofft, dass "die Lockerheit unser Vorteil ist. Wir verspüren überhaupt keinen Druck, denn wir haben das Ganze ja nicht geplant." So steckten seine Schützlinge auch die unter ebenso unglücklichen wie umstrittenen Umständen zustande gekommene erste Saisonniederlage, das 22:23 in Königsborn, locker weg.

Und so fahren sie auch am Samstag zum Spitzenspiel bei der HSG Stemmer/Friedewalde (bei Bad Salzuflen), die vor Saisonbeginn als Top-Favorit auf den Aufstieg gehandelt wurde. Begleitet von einer stattlichen Fanschar, denn Damenhandball ist plötzlich ein Thema in Neuss. Mit dem Erfolg kommen die Fans: 250 wie am Sonntagnachmittag gegen Leverkusen haben nicht viele Mannschaften in der Quirinusstadt aufzuweisen.

Trotzdem stehen die Sponsoren nicht gerade Schlange: Von einem knapp einjährigen Intermezzo, als die "Partner des Sports" in die Bresche sprangen, hat es fast schon Tradition, dass kein Neusser Unternehmen die Trikotbrust ziert. Dabei spielen die Schützlinge von Jörg Hermes einen wirklich ansehnlichen Handball.

Gestützt auf eine starke Deckung mit dem nur schwer zu überwindenden Innenblock Anna Hermens und Melanie Rückert, laufen sie blitzschnelle Gegenstöße und haben im Positionsangriff Spielzüge drauf, die man bei Herrenteams in dieser Spielklasse selten sieht.

Die Zeiten, wo das NHV-Spiel (allzu) stark auf einzelne Leistungsträgerinnen wie Gaby Palme oder Barbara Ritzenhoff zugeschnitten war, scheinen endgültig vorbei: Gegen Leverkusen trugen sich bis auf die erst 17-jährige Marie Zeegers alle Feldspielerinnen in die Torschützenliste ein, setzten Akteurinnen wie Petra Kamphausen (8 Tore) und die auch erst 20-jährige Sandra Müller (7 Tore) die meisten Akzente.

Perspektive besitzt der NHV auch außerhalb der Stadtgrenzen: Mit Alexandra Gräfer (DJK MIC Trier), Maike Daniels (SV Halle-Neustadt), Ines Liebegott und Vanessa Idelberger (beide Leverkusen) wechselte ein Quartett der besseren Perspektiven wegen in die Fremde. Zweite Liga können sie künftig vielleicht auch in der Heimat spielen.

(NGZ)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort