Udo Hempel + Stephan Hilgers "Tour-Begeisterung wird nachwirken"

Neuss · Der Macher von "Tour hautnah" in Kaarst und der Chef des Neusser Radfahrervereins ziehen Bilanz nach der Durchfahrt der Tour de France.

 Ziehen positive Bilanz: Udo Hempel und Stephan Hilgers (v.r.).

Ziehen positive Bilanz: Udo Hempel und Stephan Hilgers (v.r.).

Foto: -woi

Rhein-Kreis Während Peter Sagan gestern in Longwy die dritte Etappe gewann, wurde im Rhein-Kreis Neuss einen Tag nach der Durchfahrt der Tour de France Bilanz gezogen. Die NGZ sprach zwei Experten um ihre Einschätzung: Udo Hempel (70), Olympiasieger mit dem deutschen Bahnvierer in München 1972 und einer der "Macher" bei "Tour hautnah" in Büttgen, sowie Stephan Hilgers (61), Vorsitzender des Neusser Radfahrervereins (NRV), der am 26. Juli, dem Mittwoch nach der Zielankunft der Tour de France, zum 16. Mal die "Tour de Neuss" ausrichtet.

Herr Hempel, wie fühlen Sie sich 24 Stunden, nachdem die Tour de France an ihrer Haustür vorbei durch Büttgen gerollt ist?

Udo Hempel + Stephan Hilgers: "Tour-Begeisterung wird nachwirken"
Foto: Woitschützke Andreas

Udo Hempel Müde. Und die Stimme ist etwas angekratzt vom vielen und lauten reden. Aber davon abgesehen bin ich, sind wir hier in Büttgen alle noch euphorisch über das, was wir am Sonntag erleben durften.

Sie klingen rundum zufrieden.

Hempel Das sind wir auch. Wir hatten mit 10.000 Zuschauern nicht nur eine tolle Kulisse, immerhin doppelt so viele, wie Büttgen Einwohner hat, sondern auch eine fantastische Stimmung. Die Leute haben den Radsport wirklich gelebt, selbst ein Tour-Veteran wie Joop Zoetemelk war begeistert. Und das war nicht nur in Büttgen so. Ich war am Samstag als Zuschauer beim Zeitfahren in Düsseldorf, und auch dort herrschte trotz Dauerregens eine sensationelle Stimmung.

Haben die Deutschen wieder ihr Herz für den Radsport entdeckt?

Hempel Ich hoffe. Es ist wirklich ein Neubeginn, ich wage da mal einen kühnen Vergleich mit der Geschichte: Wir Deutschen werden inzwischen ja auch nicht mehr an den schlimmen Dingen gemessen, die im Zweiten Weltkrieg passiert sind. Und genauso sollte im Radsport Vergangenheit sein, was vor zehn, zwölf Jahren war. Das heißt ja nicht, dass man diese Dinge vergisst oder verdrängt. Aber es sind neue Leute da, junge, neue Fahrer, und diese Chance müssen wir nutzen.

Glauben Sie, dass der Radsport das kann?

Hempel Wenn er endlich bereit ist, auch die letzten alten Zöpfe abzuschneiden, ja. Die Rahmenbedingungen waren schon lange nicht mehr so gut wie im Augenblick. Die Sponsoren sind begeistert, das macht Gespräche leichter als früher. Und es geht ja nicht nur um den Sport: Das ganze Thema Zweirad hat eine neue Dimension bekommen, Radfahren hat inzwischen eine ganz andere Philosophie als früher.

Kurzzeitige Euphorie oder gilt das Modewort von der Nachhaltigkeit?

Hempel Ich glaube letzteres, zumindest, wenn wir Radsportler uns jetzt geschickt anstellen. Ich prophezeie eine positive Zukunft.

Auch für die Region?

Hempel Gerade für unsere Region. Wenn es nächstes Jahr wieder eine Deutschland-Tour gibt, wenn Düsseldorf sich für die Straßen-WM 2020 bewerben sollte, dann werden wir das merken. Wir in Büttgen sind jedenfalls so euphorisch, dass wir schon überlegen, ob wir uns mit dem Sportforum nicht wieder für ein größeres Ereignis, zum Beispiel eine U23-Europameisterschaft auf der Bahn bewerben sollten.

Herr Hilgers, es gab im Vorfeld Stimmen, die vorhersagten, die Tour de France werde der Tour de Neuss eher schaden als nützen. Wie beurteilen Sie das einen Tag, nachdem die Tour ein paar Hundert Meter über "Ihre" Strecke gerollt ist?

Stephan Hilgers Wir waren ja an dieser Strecke präsent, und unsere Erwartungen sind übertroffen worden, was den Zuspruch, aber vor allem, was die Begeisterung unserer Gäste und der Zuschauer drumherum anbetrifft.

Und die Auswirkungen auf "Ihre" Tour am 26. Juli?

Hilgers Durchweg positiv. Wir haben bei unseren Gesprächen mit Sponsoren und Unterstützern schon vor dem Start der Tour de France gespürt, dass das Interesse am Radsport größer ist als vor ein paar Jahren. Der Sonntag hat das bestätigt, ich würde sogar sagen, getoppt. Wir stehen in sehr guten Gesprächen mit einigen namhaften Tour-Fahrern, und wenn das mit den Finanzen klappt, bin ich optimistisch, dass wir einige von ihnen am 26. Juli in Neuss wiedersehen.

(NGZ)
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