Leichtathletik Dormagener Mehrkämpfer überrascht sich selbst

Dormagen · Nico Beckers verfügt über viel Talent, aber auch Verletzungen verhinderten seinen großen Durchbruch. Seit seinem Wechsel zu Bayer Dormagen vor zwei Jahren geht’s aufwärts. Vorläufiger Höhepunkt ist der DM-Titel in der Halle.

 Nico Beckers vom TSV Bayer Dormagen sicherte sich in Leverkusen den DM-Titel in der Halle.

Nico Beckers vom TSV Bayer Dormagen sicherte sich in Leverkusen den DM-Titel in der Halle.

Foto: TSV Bayer Dormagen

Klar, die deutschen Topmehrkämpfer waren bei den nationalen Hallentitelkämpfen in Leverkusen nicht mit von der Partie. Schließlich gibt es aktuell internationale Meetings, auf denen sich mehr Punkte für die Weltrangliste gewinnen lassen. Im vorolympischen Jahr nimmt jeder mit, was er bekommen kann. Für Nico Beckers vom TSV Bayer Dormagen eine Chance, die er beherzt beim Schopfe packte. Der 28-Jährige holte sich mit 5807 Punkten den Titel im Siebenkampf und feierte damit zu seiner eigenen Überraschung den bislang größten Erfolg seiner Karriere.

„Auf den Titel habe ich nicht spekuliert. Ich habe mich eher auf meine Leistung fokussiert. Erst im Laufe des Wettkampfs hat sich dann gezeigt, dass es klappen kann“, sagte Nico Beckers. „Der Titel bedeutet mir sehr viel. Ich habe einen Job in Vollzeit und versuche, den Sport damit zu verbinden und die Motivation hochzuhalten. Das zeigt mir, dass sich die Bemühungen lohnen.“ Bemühungen, die er seit seinem Wechsel an den Höhenberg im Winter 2020/2021 noch mal intensiviert hat. Der gebürtige Aachener galt schon immer als großes Talent, bewegte sich mal mehr mal weniger dicht hinter der deutschen Spitze, der ganz große Durchbruch blieb ihm aber im Trikot der Aachener TG verwehrt. Großen Anteil daran hatte sicher auch seine Verletzungsanfälligkeit, vor allem seine Sprunggelenke machten ihm immer wieder einen Strich durch die Rechnung. Vor gut zwei Jahren sah Nico Beckers dann die Zeit für einen Tapetenwechsel gekommen. TSV-Trainer Dirk Zorn hatte er im Laufe der Jahre schon kennen und schätzen gelernt. „Wir haben uns gut verstanden und hatten einen guten Umgang miteinander. Zudem sind die Trainingsbedingungen am Höhenberg insbesondere mit der Leichtathletikhalle deutlich besser als in Aachen“, erklärt Beckers, wieso es ihn nach Dormagen zog.

Dort musste er sich zunächst eingewöhnen, denn Dirk Zorn stellte sein Training komplett um, setzte andere Schwerpunkt, führte neue Methoden ein und veränderte die Umfänge. So brauchte Beckers das Jahr 2021, um sich anzupassen. Doch seit dem vergangenen Jahr geht die Formkurve kontinuierlich nach oben. Auch weil er wieder mehr Vertrauen in seinen Körper hat. Mit dem Wechsel nach Dormagen ging eine Veränderung in der physiotherapeutischen Betreuung einher. Mit Hilfe der in Düren ansässigen Dagmar Kondziella bekam Beckers seine Sprunggelenksprobleme in den Griff. Zudem hat er inzwischen gelernt, seinen Vollzeitjob als Bundespolizist besser mit dem Leistungssport in Einklang zu bringen. Und das, obwohl er nun auch fast täglich zwischen Aachen und Dormagen pendelt, um dort seine Trainingseinheiten durchzuziehen. „Da ist schon eine Menge Organisation nötig. Zum Beispiel kann ich wegen meiner Nachtdienste nicht optimal regenerieren, deswegen ist das Thema Ernährung für mich extrem wichtig“, sagt Nico Beckers.

Das erste richtig fette Ausrufezeichen setzte der TSV-Athlet 2022 beim Mehrkampfmeeting in Ratingen, wo er als Dritter mit neuer persönlicher Bestleistung von 7940 Punkten nur knapp die magische 8000er-Grenze verpasste. Der Lohn war dann einige Wochen später die Teilnahme für den Deutschen Leichtathletik-Verband an einem Ländervergleichskampf gegen die USA in Dallas. Bei der Freiluft-DM in Bernhausen holte sich Beckers wenig später mit 7759 Punkte Platz drei. Auch wenn Topleute wie Europameisters Niklas Kaul und Kai Kazmirek, WM-Dritter 2017 in London, fehlten, eine sehr wertvolle Medaille. Zeigte sie doch, dass Beckers auf dem richtigen Weg war, den er nun mit dem Sieg in Leverkusen konsequent fortsetzen konnte. Doch der 28-Jährige hat noch nicht genug. Er träumt davon, für Deutschland bei einer großen internationalen Meisterschaft zu starten. Angesichts der großen Konkurrenz im eigenen Land ist die Chance bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften eher gering, doch sich über die Weltrangliste für die Europameisterschaften 2024 in Rom zu qualifizieren, ist schon realistischer. Und Nico Beckers weiß jetzt, wie es ist, sich selbst zu überraschen.

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