Tischtennis Eine Schiedsrichter-Legende tritt ab

Rhein-Kreis · Paul Wilhelm „PeWe“ Marx leitet am Samstagabend in Neuss mit 91 Jahren zum letzten Mal eine Tischtennis-Partie. Danach gibt er seine Lizenz ab.

 Tischtennis-Schiedsrichter Paul-Wilhelm Marx beendet am Samstag in der Sporthalle an der Bergheimer Straße mit 91 Jahren seiner Karriere. Das Bild zeigt ihn 2009 beim Bundesranglistenturnier in Allerheiligen.

Tischtennis-Schiedsrichter Paul-Wilhelm Marx beendet am Samstag in der Sporthalle an der Bergheimer Straße mit 91 Jahren seiner Karriere. Das Bild zeigt ihn 2009 beim Bundesranglistenturnier in Allerheiligen.

Foto: Archiv

Für die TG Neuss ist es das letzte Saisonspiel und die Chance, sich die Vizemeisterschaft in der Regionalliga zu sichern. Für Paul Wilhelm Marx ist es das letzte Tischtennis-Spiel seiner langen Karriere, das er als Oberschiedsrichter leiten wird.

Wenn am Samstagabend um 18.30 Uhr die Neusser das hessische Team von der TG Obertshausen in der Sporthalle der Comenius-Gesamtschule an der Bergheimer Straße empfangen, dann wird Marx mit seinen 91 Jahren dafür sorgen, dass die Netze die richtige Höhe haben, die Schläger in Ordnung, die Spielboxen groß genug und die Aufstellungen der Teams korrekt sind. Er führt als Oberschiedsrichter noch einmal die Regie am Rande der Bande. Danach will „PeWe“ Marx, wie er selbst gerne genannt wird, seine Schiedsrichter-Lizenz abgeben. Er gilt unter Kollegen bereits jetzt als Legende im Schiedsrichterwesen. 1959 erwarb er seine erste Lizenz, 1970 wurde er Bundesschiedsrichter und 1982 stieg er zum internationalen Schiedsrichter auf.

Paul Wilhelm Marx ist durch seine Frau Roswitha zum Tischtennis gekommen. Sie gehörte bis zum Anfang der 1970er-Jahre zur erweiterten deutschen Spitze im Damen-Bereich und spielte in Düsseldorf unter anderem mit Diane Schöler in einem Team, bevor sie später zum 1. Neusser TTC Nordstadt wechselte und 1988 zur Sportlerin des Jahres im Tischtennis-Kreis Neuss/Grevenbroich gekürt wurde. WTTV-Geschäftsführer Michael Keil, der Marx 2011 die Ehrenplakette des Westdeutschen Tischtennis-Verbandes verlieh, erzählt die Geschichte heute mit einem zwinkernden Auge so: „Er wurde quasi zwangsverpflichtet. Getreu dem Motto: Wenn ich schon jedes Mal mit dabei bin und als Zähler fungiere, dann mache ich es lieber richtig und erwerbe eine Schiedsrichter-Lizenz.“

Aus diesem Vorhaben entwickelte sich für Marx dann ein jahrzehntelanges Engagement für den Tischtennis-Sport. Er wurde bekannt als der Mann mit dem „grünen Jackett“. Das wollte er auch nicht ablegen, als es im DTTB eine neue Kleiderordnung gab. Auf Verbandsebene wurde dann sogar eine „Lex Marx“ eingeführt, die ihm erlaubte, weiterhin das eigentlich nicht mehr erlaubte „grüne Jackett“ zu tragen.

Zu den Höhepunkten seiner Karriere zählten seine Schiedsrichter-Einsätze bei den Weltmeisterschaften 1969 in München und 1989 in Dortmund. In Neuss leitete er 1999 das Länderspiel Deutschland gegen Griechenland zusammen mit Michael Keil im Schiedsrichter-Team: „Ich habe ,PeWe’ in den vielen Jahren stets als aufrichtigen und fairen Sportsmann kennen- und schätzen gelernt, der seine Spielleitungen souverän im Griff hatte“, so Keil. Allerdings weiß er aus der Szene auch, dass Marx durchaus seine Marotten hatte, vor allem dann, wenn er selbst gespielt hat. „Da war mit ihm nicht gut Kirschen essen, insbesondere wenn er sich regeltechnisch auf der sicheren Seite  wähnte.“

Als Spieler war  Marx aber auch immer nur in der untersten Spielklasse unterwegs. Dabei spielte er zunächst beim 1. NTTC Nordstadt, wechselte zum BV Weckhoven und TuS Neuss-Reuschenberg und ist 2018 beim TTC DJK Neukirchen angekommen, wo er im November des vergangenen Jahres mit 91 Jahren noch an einem Meisterschaftsspiel teilnahm. Am Samstag soll Paul Wilhelm jetzt gebührend verabschiedet werden. Dazu wird ihn Marco Schürmann als Mitglied des WTTV-Schiedsrichterausschusses zum Ehrenschiedsrichter des Westdeutschen Tischtennis-Verbandes ernennen. 

Für die TG Neuss geht es auch sportlich noch einmal um einen schönen Prestige-Titel. Vor Saisonbeginn hatten die Quirinusstädter einmal den dritten Platz als Ziel formuliert, jetzt können sie mit einem Sieg am Samstag dafür sorgen, dass sie in der Endabrechnung hinter dem verlustpunktfreien TTC Altena auf Platz zwei landen. „Es wird mit Sicherheit ein ausgeglichenes Spiel. Unser Ziel ist es, einen guten Saisonabschluss hinzubekommen und am Ende auf dem Treppchen zu landen“, sagt TG-Kapitän Tom Heiße. 

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