Nur der Turm erinnert noch an die historische Mühle Sturm riss Flügel ab und zerstörte Dachstuhl

Liedberg. Als vor 145 Jahren ein Müller namens Josef Compes im Nebengebäudes seines Wohnhauses an jenem Karrenweg in Richtung Kleinenbroich eine Mahl- und Graupenmühle mit einer Hochdruck-Dampfmaschine von vier PS einrichtete, konnte er gewiss nicht ahnen, dass er damit das letzte Kapitel der Liedberger Mühlengeschichte aufgeschlagen hatte. Das letzte Kapitel der Liedberger Mühlengeschichte wurde vor gut 140 Jahren vom damaligen Müller Josef Compes geschrieben: Heute hat die Feuerwehr ihr Domizil in dem alten Gemäuer. NGZ-Foto: L. Berns

Liedberg. Als vor 145 Jahren ein Müller namens Josef Compes im Nebengebäudes seines Wohnhauses an jenem Karrenweg in Richtung Kleinenbroich eine Mahl- und Graupenmühle mit einer Hochdruck-Dampfmaschine von vier PS einrichtete, konnte er gewiss nicht ahnen, dass er damit das letzte Kapitel der Liedberger Mühlengeschichte aufgeschlagen hatte. Das letzte Kapitel der Liedberger Mühlengeschichte wurde vor gut 140 Jahren vom damaligen Müller Josef Compes geschrieben: Heute hat die Feuerwehr ihr Domizil in dem alten Gemäuer. NGZ-Foto: L. Berns

Der heutige Mühlenturm zu Liedberg - der letzte historische Rest der ersten Liedberger Burg - wurde vor mehr als 400 Jahren als Windmühle umgebaut. Wie in historischen Schriften, vor allem bei Dr. Bremer nachzulesen ist, stand zu Zeiten der Styrum-Herrschaft neben der Windmühle eine Rossmühle, die durch ein Göpelwerk getrieben wurde, wahrscheinlich bei Zeiten der Windstille oder zum Mahlen anderer Früchte als Getreide.

Die lange Geschichte des Mühlenturms als Windmühle näherte sich dem Ende, als die Franzosen im Jahre 1794 die Mühle offiziell zum Domänen-Gut erklärten. 42 Jahre später riss ein gewaltiger Sturm die Flügel mit Achse, Kammrad und einem Teil des Dachstuhles herunter. Seit 145 Jahren steht der alte Mühlenturm verlassen da. Inzwischen wurde er Eigentum der am Liedberg wohnenden Familie Scherer. Als der Müller Hermann Josef Compes am zerfurchten Karrenweg in Richtung Kleinenbroich die neue Mühle schuf, brauchte er die Windstärken und Launen nicht einzukalkulieren.

Die technischen Errungenschaften befreiten ihn von dieser Existenzsorge, die ihm von anderen Mühlenbesitzern längst bekannt war. In jener Zeit gab es jenseits des Schotterweges - in Richtung Giesenkirchen - in Compes Mühlen-Nachbarschaft nur die "Brauerei Schieffer" (heute altes Landgasthaus). Historische Fotos von Anno 1914 beweisen, dass damal rund um die Compes-Mühle kaum Bebauung bestand, das Auge vorwiegend saftige Weiden und Ackerland streifte.

Die Liedberger, soweit sie nicht als Bauern interessiert waren, hatten in den Gründungsjahren der Compes-Mühle ganz andere Sorgen: Sie kämpften damals um den Bau einer eigenen Pfarrkirche, weil eben die kleine Schloss-Kapelle für die stetig wachsende Pfarrgemeinde zu klein zu werden drohte. Damals gehörten die Liedberger Katholiken zur Glehner St.-Pankratius-Pfarrgemeinde. Erst im Jahre 1915, im zweiten Weltkriegsjahr, erhielt Liedberg eine eigene Pfarrkirche.

Dies sei nebenbei erwähnt, weil der Bruder des Mühlenbesitzers, Heinrich Compes, zu jenem Personenkreis zählte, der für eine eigene Pfarrkirche in Liedberg kämpfte. Obschon Hermann Josef Compes die Mühle auf das damals Modernste mit Walzenstühlen ausrüstete und später auch zur Groß-Handelsmühle ausbaute, verlor er den härter werdenden Konkurrenzkampf.

Der Grund: die fehlenden aber unbedingt notwendigen Verkehrsanbindungen. Nach 49 Jahren musste der Betrieb eingestellt werden. Bruder Heinrich Compes führte die Mühle allerdings als Lohnmühle weiter. Um die Jahrhundertwende übernahm dann Adam Windges den örtlichen Mühlenbetrieb. Er ersetzte die überholte Dampfkraft durch Elektro- und Ölmotoren. Erst in den frühen 70er Jahren verstummte die Mühle dann für immer, um auf historischem Boden großzügigen Wohnraum zu schaffen.

Was erhalten blieb, ist das erzbischöfliche Wappen über dem Eingang, welches daran erinnert, dass die Compes-Mühle die Nachfolgerin der alten kurfürstlichen Mühle auf dem Liedberg ist. Auch wenn der Mühlenkomplex unter Denkmalschutz steht, fühlt sich Liedbergs Freiwillige Feuerwehr im historischen Gemäuer wohl. Sie wird am 10..September den "Tag der Offenen Tür" dazu nutzen, ihr Gerätehaus "An der Mühle" der Öffentlichkeit entsprechend vorzustellen. Immerhin, die Compes-Mühle ist ein Stück gelebtes Lieberberger Leben. P. Mabe

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