Jüchen Stolpersteine erinnern an Juden aus Jüchen

Jüchen · Der Kölner Künstler Gunter Demnig verlegte jetzt 13 Stolpersteine im Jüchener Zentrum. Die Realschule Jüchen suchte dafür Sponsoren.

Jüchen: Stolpersteine erinnern an Juden aus Jüchen
Foto: A. Baum

Gunter Demnig kniet vor einem kleinen Loch am Bürgersteig. Dort, wo eine Platte entfernt wurde, finden neue Steine Platz. Mit Mörtel und Kelle ausgerüstet, befestigt der Kölner Künstler behutsam seine "Stolpersteine". Ihre Platte aus glänzendem Messing trägt die Namen von Menschen jüdischen Glaubens, die in Jüchen lebten, ehe sie deportiert oder in den Konzentrationslagern der Nationalsozialisten ermordet wurden, ehe sie ins Ausland flüchteten oder deren Spur sich in der Geschichte verliert.

13 Steine verlegte Demnig jetzt im Jüchener Zentrum von der Silostraße 2 bis zur Odenkirchener Straße 37. Sie erinnern etwa an die Familie Mahler, die an der Wilhelmstraße 35 lebte. Deren Tochter Hilde gelang bereits 1938 die Flucht nach Buenos Aires; drei Jahre später folgten ihre Eltern Henriette und Moses. Oder an Johanna Meyer und Henriette Cohen, die an der Odenkirchener Straße 28 als Modistin und Putzmacherin ein Auskommen zu finden versuchten. Deportiert wurden sie nach Theresienstadt. Henriette Cohen überlebte, da die Nationalsozialisten sie mit anderen Mitgefangenen bei einem "Freiheitstransport" gegen einen Laster eintauschten.

Die Idee kam von Realschülern sowie ihren Lehrerinnen Habibe Spieß und Monika Streger. Die Jugendlichen hatten bei Projekttagenüber die NS-Zeit geforscht und Sponsoren für die Verlegung der Stolpersteine gesucht. "Wir freuen uns, dass sich das aus unserem Projekttag entwickelt hat", sagt Alexander Böhm, der bereits seinen Abschluss gemacht hat. Mitschülerin Kathrin Pesch ergänzt: "Jetzt haben wir es geschafft, in Jüchen ein Zeichen zu setzen, das viele Menschen jeden Tag sehen können." Bürgermeister Harald Zillikens freut sich über diese erste Stolpersteinverlegung und hofft auf eine Fortsetzung. Auch Heinz Spelthahn, früherer Gemeindedirektor und Mitherausgeber eines Buches über jüdische Schicksale, war gekommen.

Gunter Demnigs Ansatz der Stolpersteine greift einen Gedanken aus dem Talmud auf, wonach ein Mensch erst dann vergessen sei, wenn sein Name vergessen ist. Seine Arbeit ist indes nicht unumstritten. Eine Kritik: Die Menschen würden weiterhin auf Juden herumtrampeln. – Demnigs Antwort: "Damit verharmlost man die Taten der Nationalsozialisten." Er habe sich bewusst für das Material Messing entschieden, das durch Benutzen seinen Glanz erhält. Seine Stolpersteine sollen helfen, die Menschen jüdischen Glaubens vor dem Vergessen zu bewahren. Was ihm erst später bewusst geworden sei: "Um die kleine Inschrift lesen zu können, muss man sich hinabbeugen." Für den Kölner eine Verneigung vor allen Opfern der Nationalsozialisten. Denn er hat bisher 866 Mal Stolpersteine in ganz Europa verlegt – für unterschiedlichste Opfer.

(NGZ)
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