Sportinternat Knechtsteden Hilfe für zwei Talente aus der Urkaine

Dormagen · Säbelfechterin Mascha Rodicheva hat sich in Knechsteden schon gut eingelebt. Ganz frisch lebt nun auch Ringer Arian Mokhammad dort.

 Säbelfechterin Mascha Rodicheva lebt schon seit einigen Wochen im Sportinternat, Ringer Arian Mokhammad kam kürzlich hinzu.

Säbelfechterin Mascha Rodicheva lebt schon seit einigen Wochen im Sportinternat, Ringer Arian Mokhammad kam kürzlich hinzu.

Foto: Georg Salzburg (salz)

Eigentlich wollte Mariia „Mascha“ Rodicheva nur ihren 16. Geburtstag am 23. Februar mit ihren Eltern und ihrem jüngeren Bruder in Berlin verbringen – doch dann begann der russische Angriffskrieg auf das Heimatland der jungen Säbelfechterin und die Familie konnte am 26. Februar nicht mehr zurück nach Kiew fliegen. Mittlerweile lebt sie seit Mitte März im Sportinternat Knechtsteden. Bei allem Kummer über die Entwicklungen in ihrem Heimatland hat sie sich dort gut eingelebt, wobei ihr der Sport sehr geholfen hat.

Der Kontakt der jungen Säbelfechterin, die in ihrer Heimat Ranglisten-Platz zehn in ihrer Altersklasse innehält, nach Dormagen kam über den deutschen Fechter Mark Perelmann zustanden. Er hat selber ukrainische Wurzeln und kennt Maschas Trainer aus Kiew. Am Bundesstützpunkt gehört ist sie nun zur U17-Trainingsgruppe. „Ich habe hier sehr gute Möglichkeiten zu trainieren und kann im Internat leben und lernen,“ erklärt die junge Sportlerin in fließendem Deutsch. In Kiew ging sie in die 10. Klasse einer Schwerpunkt-Schule für Deutsch. Neben sechs Wochenstunden Sprachunterricht lernte sie dort seit knapp vier Jahren auch Wirtschaftsdeutsch, Landeskunde und hatte zum Beispiel Biologie auf Deutsch. Ihre Eltern und ihr Bruder sind in Berlin privat untergekommen. Mascha besucht die 9. Klasse des Norbert-Gymnasiums Knechtsteden und trainiert fünfmal in der Woche. „In Kiew hatte ich sechs Einheiten à zweieinhalb oder drei Stunden,“ so die junge Athletin, „am Samstag hatten wir dann oft Trainingswettkämpfe gegen andere Vereine.“

Der Sport hilft ihr, sich in der neuen Umgebung einzuleben und Kontakte zu knüpfen. „Ich habe hier noch nicht viele Freundschaften geschlossen und bin noch etwas schüchtern und zurückhaltend,“ erklärt Mascha, „der Sport hilft mir, Struktur in den Tag zu bringen und macht mir viel Spaß.“ Wenn sie außerhalb der Trainingszeiten Langeweile hat, geht sie in den Kraftraum und beschäftigt sich dort – „ich mache Sport seit ich drei Jahre alt bin. Das ist mein Leben!“ Ihr Ziel ist es Profi zu werden und wenn der Krieg zu Ende ist, möchte sie wieder zurück in ihr Heimatland. „Meine Eltern wollen natürlich mit meinem Bruder sofort zurück. Ich würde vielleicht noch zwei, drei Monate hierbleiben, damit ich dann ohne Pause in Kiew direkt weitertrainieren kann.“

Mascha hat erst mit 13 Jahren mit dem Säbelfechten begonnen. Vorher war sie lange Mitglied einer Cheerleading-Mannschaft. Nach einem Streit mit ihrer ehemaligen Trainerin hat sie eine neue Sportart gesucht und ist bei Wladyslaw Tretjak gelandet. Der ukrainische Säbelfechter hat bei Olympia 2004 in Athen Bronze im Einzelwettbewerb geholt und das Potenzial der jungen Sportlerin erkannt. In Dormagen ficht sie mit von den Jugendlichen und Eltern sowie vom Verein gespendeten Fechtmaterialien und Sportsachen. „Ich trainiere mit einem Säbel von Anna Limbach,“ sagt Mascha und freut sich über die große Hilfsbereitschaft.

Internatsleiter Henning Heinrichs hat seit vergangenem Wochenende einen weiteren Sportler aus der Ukraine aufgenommen: Der ebenfalls 16-jährige Arian Mokhammad ist Ringer und besuchte außerhalb von Kiew ein Sportinternat. Er war mit seiner Schwester im Auto vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet und hat über einen privaten Kontakt seiner Cousine, die im Bergischen Land wohnt und eine erste Anlaufstelle war, Kontakt zum Sportinternat Knechtsteden aufgenommen. Nun möchte er bald mit den Ringern des KSK Konkordia Neuss das Training aufnehmen. Mascha vermisst ihr Trainerteam, die Mannschaft und Freunde in der Ukraine, trotzdem fühlt sie sich im Knechtstedener Sportinternat und beim TSV Bayer Dormagen sehr wohl und alle seien sehr freundlich zu ihr. „Ohne Sport wäre ich nicht ich und deswegen bin ich froh, dass ich hier die für mich im Moment beste sportliche Möglichkeit bekommen habe.“

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