Skaterhockey Chiefs sind am Tiefpunkt angelangt

Neuss · Nach 18 Jahren in der 1. und 2. Skaterhockey-Bundesliga meldet der SV Uedesheim seine Herren-Mannschaft vom Spielbetrieb ab.

 Das Aus für die Uedesheim Chiefs tut weh.

Das Aus für die Uedesheim Chiefs tut weh.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Im Herbst 2013 standen die Chiefs auf dem Gipfel. Im in Assenheim ausgetragenen Finale um den Deutschen Pokal gewann der Skaterhockey-Erstligist aus Uedesheim mit 3:2 gegen den HC Köln-West Rheinos und sicherte sich damit den zweiten und (vorerst) letzten Titel der seit 1998 fortgeschriebenen Vereinsgeschichte. Eine prächtige Zeit, die Fans seien damals mit zwei Bussen in die hessische Wetterau gebracht worden, erinnert sich Klaus Haas, Vorsitzender des SV Uedesheim, mit einer großen Portion Wehmut. Denn die Gegenwart ist alles andere als glamourös.

In einer zu Beginn des neuen Jahres verschickten Pressemitteilung heißt es nämlich: „Nun ist es Gewissheit: Die Chiefs werden zur neuen Saison keine Herrenmannschaft melden und damit 20 Jahre nach dem ersten Auftritt bei der ISHD nicht mehr an einem Wettbewerb für Erwachsene teilnehmen.“ Ein Tiefpunkt in seinen mittlerweile fast 27 Jahren an der Spitze des SVÜ, sagt Haas: „Dass es so weit gekommen ist, tut mir im Herzen weh.“ Er hatte das Projekt von Anfang an eng begleitet, erinnert sich noch gut an die Erkundungsfahrten der Gründungsmitglieder Sebastian Muhs, Marcel Mörsch und Christian Haas gemeinsam mit dem damaligen Sportdezernenten Horst Ferfers durchs Industriegebiet an der A46 Ende der 1990er-Jahre. „Die Jungs hatten bis dahin nur auf Parkplätzen gespielt.“ Er hat nicht vergessen, wie viel ehrenamtliches Herzblut und Muskelkraft nötig war, um die Spielstätte auf der Bezirkssportanlage am Norfer Weg 2002 mit der Fertigstellung des Hallendachs endgültig zum „Chiefs Garden“ zu machen. „In die Halle haben wir fast 200.000 Euro gesteckt. Aber tatsächlich lassen sich die in Eigenleistung erbrachten Maßnahmen gar nicht mit Geld beziffern.“

Der zunächst schleichende Niedergang begann indes schon 2014 nach Rang vier beim Europapokal-Turnier der Pokalsieger in Rostock. Richtig übel wurde es dann mit dem Abstieg aus dem Oberhaus 2016: Die drei folgenden Jahre in Liga zwei standen vor allem für „Spielausfälle, persönliche Eitelkeiten der Akteure und Strafen beim Verband“, fasst der längst amtsmüde Öffentlichkeitsarbeiter Christian Haas unwirsch zusammen. Sportlich ging wenig bis nichts, für immer in den Geschichtsbüchern steht das 8:60-Debakel der nur zu fünft angetretenen Chiefs in der ersten Zweitliga-Saison bei den Berlin Buffalos. Aber erst nach dem soundsovielten und wiederum krachend gescheiterten Neustart in der vergangenen Spielzeit zog der Verein die Reißleine, lehnte das Angebot des um Kandidaten verlegenen Verbandes ab, trotz fehlender sportlicher Qualifikation in der Klasse zu bleiben. Da auch der unter dem treuen Routinier Dennis Kobe angegangene Versuch, wenigstens ein Team für die Regionalliga zusammenzustellen, nicht von Erfolg gekrönt war (Klaus Haas: „Wir kriegen nicht mehr als zehn Leute zusammen.“), „haben wir entschieden, dass wir uns nicht weiter blamieren möchten“, sagt der kommissarische Abteilungsleiter Nico Albrecht. Der Rückzug sei, ergänzt Christian Haas, nicht nur überfällig, sondern auch konsequent: „Vielleicht kommt dieser Schritt auch zu spät, zu viele Ehrenamtler wurden bei der Ausübung ihres Hobbys verschlissen, zu viel Geld wurde verbrannt durch Spieler, die im Januar große Versprechungen gemacht hatten und teilweise im März schon nicht mehr zu sehen waren.“

 Der Sexy-Jahreskalender der Uedesheim Chiefs.

Der Sexy-Jahreskalender der Uedesheim Chiefs.

Foto: www.ollymann.de
 Vorbei sind die Glanzzeiten, als die Häuptlinge zweimal den Deutschen Pokal holten.

Vorbei sind die Glanzzeiten, als die Häuptlinge zweimal den Deutschen Pokal holten.

Foto: Woitschützke, Andreas (woi)

Damit sind die Chiefs 2020 nur mit einer Schülermannschaft im Ligabetrieb vertreten. Und daran werde sich wohl so bald auch nichts ändern, befürchtet der Vorsitzende, stellt aber klar: „Die Abteilung komplett aufzulösen, stand mit Sicherheit nie zur Debatte. Wir bauen von unten neu auf.“ Dass die Rückbesinnung auf die eigene Jugend ein guter Weg sein kann, dafür sind die Crash Eagles Kaarst das beste Beispiel. Auch die Adler durchschritten zu Beginn des vergangenen Jahrzehnts eine Talsohle, machten dann aber, so der Vorsitzende Georg Otten, „den richtigen Schritt, auf den Nachwuchs zu setzen“, und erreichten seit 2016 viermal in Folge das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Das Aus beim Lokalkonkurrenten nahm er ohne Häme oder Freude auf. Ganz im Gegenteil: „Das ist sehr schade, traurig und bitter.“

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