Reitsport Tillmann-Brüder beim Derby in den Top Ten

Grevenbroich · Frederic Tillmann (Gut Neuhaus) erreichte beim 91. Deutschen Spring-Derby in Hamburg das Stechen und ritt mit dem erst achtjährigen Comanche auf den sensationellen zweiten Platz. Sein Bruder Gilbert Tillmann wurde auf Hadjib Zehnter.   

 Frederic Tillmann legte in Hamburg auf Comanche einen sensationellen Auftritt hin.

Frederic Tillmann legte in Hamburg auf Comanche einen sensationellen Auftritt hin.

Foto: dpa/Stefan Lafrentz

Was ist jetzt die größere Sensation? Der erste Derbysieg einer Frau seit 47 Jahren durch die für Polen gestartete Hanseatin Cassandra Orschel oder die unfassbare Vorstellung der Tillmann-Brüder vor 20.000 Zuschauern im Derby-Park von Klein-Flottbek in Hamburg?

Auf dem schwersten Parcours der Welt legte Frederic Tillmann mit dem Brandenburger Comanche VL v. Cellestial einen famosen Auftritt hin. Dabei war der „Braune“ trotz eines gewaltigen Grundgalopps ursprünglich gar nicht fürs Derby geplant gewesen. Eine „Notlösung“, verriet Tillmann. Trotzdem erreichte er im Finale gemeinsam mit Cassandra Orschel, wie der Grevenbroicher ein echter „Nobody“ beim mit 120.000 Euro dotierten Klassiker, der früheren Vielseitigkeits-Weltmeisterin Sandra Auffarth sowie Europameister und dreimaligem Derby-Sieger André Thieme (alle vier Strafpunkte) das Stechen um den Sieg. Auf dem durch den Regen der vergangenen Tage aufgeweichten Boden war es  bis dahin niemanden gelungen, ohne Fehler über die berühmten Hindernisse wie den Wall, Pulvermanns Grab oder den Buschoxer zu kommen.

Der unerschrockene Pferdewirtschaftsmeister vom Gestüt Gut Neuhaus, der sich am Mittwoch in der Springprüfung für siebenjährige Pferde mit Cashtender in 65,44 Sekunden hinter Jonathan Gordon auf CBI Karhari (63,58) Platz zwei gesichert und das Eröffnungsspringen mit Cicero’s Boy als Vierter beendet hatte, lag nach Orschels fehlerfreiem Ritt zum Auftakt in 55,31  Sekunden bis zum vorletzten Sprung sogar auf Siegkurs. Dann fiel die zweite „Eisenbahnschranke“, was darum unglaublich schade war, weil seine Zeit von 52,70 Sekunden zum Triumph gereicht hätte. Denn sowohl für Auffarth als auch für Thieme, der schließlich Rang drei belegte, standen am Ende zwölf Strafpunkte zu Buche. Grund zur Klage sah der 42-Jährige trotzdem nicht, hatte sich sein vierbeiniger Partner doch als  jüngstes Pferd im Entscheidungsstechen glänzend verkauft, „behielt schön den Überblick, ließ sich super regulieren, hatte Kraft genug, wirkte wach, aber nicht hektisch. Der Fehler war einfach Pech ...“ Dickes Trostpflaster: Für Rang zwei gab‘s 24.000 Euro.

Gilbert Tillmann, der beim Derby auf einen Platz unter den besten Zehn abonniert scheint, leistete sich im Finale zwölf Strafpunkte, „davon gehen acht auf meine Kappe“, war mit seinem Abschneiden jedoch nicht unzufrieden. „Ich bin ja wieder unter den Top 10!“ In der am Mittwoch ausgetragenen ersten ersten Qualifikation hatte Gilbert Tillmann in Ciamona noch ein zweites Pferd an den Start gebracht, sich dann aber ausschließlich auf den wesentlich erfahreneren Hadjib konzentriert. „Ciamona habe ich erst seit Januar“, erklärte der 40 Jährige: „Sie ist noch sehr unerfahren und ich wollte sie hier einfach mal antesten. Aber ich glaube, das ist alles noch ein bisschen zu früh für das Pferd. Und damit ich da keine Unsicherheit reinbekomme für die weitere Zukunft und weil das Derby für mich das Allerwichtigste ist, habe ich mich entschieden, in der zweiten Qualifikation am Freitag nur Hadjib einzusetzen.“ Der 2006 geborene Wallach kennt die große Bühne in Hamburg, stand 2015 (7.), 2016 (6.) und 2019 (7.) im Finale. Nachdem der unvergleichliche und 2020 im Alter von 26 Jahren gestorbene Hello Max, mit dem Tillmann 2013 in Klein-Flottbek gewonnen hatte, in die verdiente Rente gegangen war, hatte sich der Hufschmied aus Neukirchen „fest vorgenommen, ihn für das Derby auszubilden.“ Zu vergleichen seien die beiden Spitzenpferde zwar nicht, „Hello Max war ein klassisches Derby-Pferd, hat schön Vermögen gehabt und genug Saft. Hadjib besitzt weniger von diesen Grundvoraussetzungen, aber man muss ihm zugutehalten, dass es wenige Pferde gibt, die eine so gute Einstellung haben wir er. Und darum hat er sich auch schon ein paarmal gut gemacht.“

Wer am Sonntag bei den Übertragungen im TV genau hinschaute, entdeckte beim „NGZ-Sportler des Jahres 2013“ eine amtliche Blessur im Gesicht. Das war passiert: Bei regennasser Straße war er auf dem Heimweg vom Derby-Platz zum nahegelegenen Hotel gestürzt. Also ritt er Hadjib mit Tapes und blauem Auge sowie genähter Schläfe über den seifigen Kurs. Trotzdem sah es lange gut aus, erst an der Mauer handelte sich das Paar den dritten Abwurf ein.

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