Jüchen Seit 31 Jahren der Hausherr von St. Georg

Grevenbroich · Mit 39 Jahren kam Lothar Wingender nach Neuenhoven, das er gar nicht kannte. Heute freut er sich über ein reges Gemeindeleben um St. Georg. Aufgedeckt wurde bei der Kirchensanierung ein vor 400 Jahren begangener Mord.

Lothar Wingender ist mit Leib und Seele Pfarrer in St. Georg Neuenhoven. "In einem Dorf, wo jeder jeden kennt, lassen sich viele Dinge auch im kirchlichen Bereich problemlos regeln", meint der 70-Jährige. So ermöglicht er es, dass nach wie vor Samstag und Sonntag Eucharistiefeiern stattfinden, dass Hochzeiten und Taufen gefeiert werden und dass alle übrigen Sakramente regelmäßig gespendet werden. Die Dorfgemeinschaft gestaltet sogar für ein einziges Kind eine festliche Erstkommunion. Für Aufsehen sorgte bei der Kirchenrenovierung 1984 die Aufdeckung eines Verbrechens: "Wir haben bei der Ausschachtung einen etwa 25-jährigen Mann gefunden, der vor ungefähr 400 Jahren erschlagen und verbuddelt worden war." Doch die Motive der Tat blieben im Dunkel.

Wingender fasste den Berufswunsch Pfarrer 1955/56, als er eine Predigt von Pater Leppich hörte: "Ich war innerlich entflammt, wollte Missionar werden." Missionar wurde er zwar nicht, aber Lehrer am Gymnasium Odenkirchen und zudem bis 1982 Subsidiar in Eicken. Nach der großen Ölkrise wollte Wingender auf weite Fahrten verzichten, bat um eine Versetzung in eine Pfarre näher an Odenkirchen. Vor 31 Jahren kam er nach Neuenhoven — in einen Ort, von dem er noch nie gehört hatte. "Ich bin beim ersten Mal lange durch die Gegend gefahren, bevor ich Neuenhoven überhaupt gefunden habe", erzählt er lachend. Der Zustand des Pfarrhauses bereitete ihm weniger Freude: "Man konnte an einigen Stellen durch die Wände bis zur Straße gucken." Nicht nur im Pfarrhaus hat sich seitdem vieles verändert.

"Die Oktav war zum damaligen Zeitpunkt sehr dünn besucht. Sie habe ich nach drei Jahren mit Hilfe der Presse beleben können", erzählt Wingender. Die Feste der Gemeinde gestaltet ein 25-köpfiger Kirchenchor, es gibt eine Bücherei und an jedem zweiten Donnerstag im Monat einen Seniorennachmittag mit Kaffee und Kuchen. Das Jugendheim von St. Georg wurde gründlich renoviert und erweitert. Im Jahr 1984 startete die Sanierung der Kirche, denn dort wucherte der Pilz, befand sich Feuchtigkeit in den Wänden — und im Winter gefror das Wasser in den Kännchen. "Damals ist in die Kirche eine Heizung eingebaut worden", erzählt der Pfarrer. Weiterhin wurden ein Läutewerk und eine Liedanzeige angeschafft, ein Ehepaar stiftete Alarmanlage und Videoüberwachung. Ein Vorteil: So kann die Kirche auch werktags geöffnet sein. Pfarrer Wingender freut sich über ein lebendiges Gemeindeleben, zu dem auch viele Feste gehören wie Erntedank, Schützenfest oder Christmette: "Alles ist seit 30 Jahren möglich, weil die Menschen sich sehr stark engagieren." Als Beispiel nennt er auch das Engagement der Kinder und der erwachsenen Helferinnen etwa bei Ausflügen: Zuletzt waren die Tutenchamun-Ausstellung und das Phantasialand in Brühl Ziele.

Aus Neuenhoven weggehen? Für Pastor Wingender überhaupt keine Frage: "Hier will ich bleiben — so lange mich Gott und der Bischof lassen."

(kvm)
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