Dormagener Handballgeschichte Rückkehr an geschichtsträchtigen Ort

Dormagen · Handball-Zweitligist TSV Bayer Dormagen trägt sein Heimspiel gegen den TuS Fürstenfeldbruck am Freitag in der Leverkusener Rundsporthalle aus. Dort feierte er einst den größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte.

 Der Ur-Dormagener Norbert Nowak überwindet im Europacup-Finalhinspiel gegen Santander den schwedischen Nationaltorhüter Mats Olsson.

Der Ur-Dormagener Norbert Nowak überwindet im Europacup-Finalhinspiel gegen Santander den schwedischen Nationaltorhüter Mats Olsson.

Foto: Andreas Woitschützke

Als der TSV Bayer Dormagen zum letzten Mal zu einem Pflichtspiel in der Leverkusener Rundsporthalle an der Bismarckstraße (damals Wilhelm-Dopatka-Halle, heute Ostermann-Halle) auflief, waren aus dem aktuellen Kader des Handball-Zweitligisten nur drei Spieler überhaupt geboren: die Torhüter Sven Bartmann (14. 5. 1987) und Martin Juzbasic (15. 4. 1988) sowie Mittelmann Benjamin Richter (28. 8. 1991). Die Ehrfurcht vor der Rückkehr an einen geschichtsträchtigen Ort wird sich am Freitagabend deshalb eher in Grenzen halten.

Fakt ist: In dieser Halle feierte der TSV Bayer Dormagen vor beinahe 28 Jahren den immer noch (und wahrscheinlich für alle Zeiten) größten Erfolg seiner Vereinsgeschichte. Am 22. Mai 1993, einem Samstagnachmittag, bezwang er im ersten Finalspiel des IHF-Europapokals das spanische Starensemble von Teka Santander mit 24:20 (Halbzeit 9:10). Eine Handball-Sensation schlechthin. Denn auch wenn die Dormagener in Torhüter Andreas Thiel, Kreisläufer Christian Fitzek und Regisseur Michael Klemm drei gestandene Nationalspieler in ihren Reihen hatten, waren sie der krasse Außenseiter. Schließlich wurden die Spanier vom zweifachen Welthandballer des Jahres (1994 und 1996) Talant Dujshebaev angeführt, der ein halbes Jahr zuvor mit Russland Weltmeister geworden war, und hatten in Olympiasieger Michael Jakimowitsch, dem schwedischen Nationaltorhüter Mats Olsson und den spanischen Nationalspielern Matteo Garralda und Javier Cabanas weitere Weltklasseleute in ihren Reihen.

Dass sie zur Halbzeitpause „nur“ mit 10:9 führten, nahmen die Spanier, die ein Jahr später trotz Rückzugs ihres Hauptsponsors Teka – der Namenszug des Küchenherstellers zierte fortan die Trikots der Fußballer von Real Madrid – die Champions League gewannen, noch auf die leichte Schulter. Doch im zweiten Durchgang drehte der von Hade Schmitz und Michael Biegler trainierte TSV Bayer mit den drei Dormagener „Eigengewächsen“ Dieter Springel, Norbert Nowak und Klaus Dyllong erst so richtig auf. Die Tore von Matthias Schmidt, Jörg Scheuermann (beide 5), Dieter Springel (5/3), Joachim Sproß (3), Maik Handschke, Norbert Nowak (beide 2), Michael Klemm und Karsten Kohlhaas (beide 1) bescherten den „Gastgebern“ vor 1500 Zuschauern einen 24:20-Sieg.

Zu wenig für den ganz großen Triumph. Denn acht Tage später setzte es im mit 3000 Besuchern ausverkauften Sportzentrum von Santander eine 20:26-Niederlage (Halbzeit 8:14). Was vor allem Heinz Hilgers, an der Spitze der Dormagener Delegation per Charterflug nach Kantabrien gereist, mächtig ärgerte: „Hätten wir in unserer Halle gespielt, hätten wir das Hinspiel höher gewonnen und wären Europapokalsieger geworden,“ stellte der Dormagener Alt-Bürgermeister mit Blick auf den „Umzug“ ins ungeliebte Rechtsrheinische fest.

Damals war es die Spielkommission der International Handball-Federation (IHF), die diesen Umzug unumgänglich machte. Sie hielt die liebevoll „Schweinehalle“ genannte Dreifachhalle an der Konrad-Adenauer-Straße, in der der TSV bis zur Eröffnung des Sportcenters im März 2002 all seine Bundesliga-Heimspiele (und auch alle vorherigen und folgenden Partien im Europapokal) bestritt, für nicht endspieltauglich. Der Name geht im Übrigen auf ein von ihm selbst stets bestrittenes Zitat von Martin Schwalb zurück, der mit einem Blick auf einen möglichen Wechsel zum TSV Bayer gesagt haben soll: „Mir reicht es, wenn ich ein Mal im Jahr in dieser Schweinehalle spiele.“

 Teka Santander wurde damals von Fans aus der Heimat angefeuert. Auf solche Unterstützung müssen die Teams am Freitag verzichten.

Teka Santander wurde damals von Fans aus der Heimat angefeuert. Auf solche Unterstützung müssen die Teams am Freitag verzichten.

Foto: Andreas Woitschützke/Woitschützke, Andreas (woi)

Diesmal ist es ein defekter Beleuchtungskörper, der zur Sperrung des Bayer-Sportcenters und zum Umzug nach Leverkusen zwingt. Ein weiterer Unterschied: Während das Finalspiel gegen Teka Santander an einem Samstagnachmittag in der ARD übertragen wurde, wird die Zweitliga-Partie gegen Schlusslicht und Favoritenschreck TuS Fürstenfeldbruck (Siege über Hamburg/1., Gummersbach/3., Elbflorenz/4. und Dormagen/6., zuletzt eine in letzter Sekunde besiegelte 21:22-Niederlage gegen den TuS N-Lübbecke/2.) am Freitag ab 19 Uhr auf Sportdeutschland.TV gezeigt. Doch für die seit mehr als einem Jahr „ausgesperrten“ Handballfans ist das zumindest ein kleiner Trost.

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