Nachruf Ältester Fußballschiedsrichter ist tot

Neuss · Rolf Kever ist nach schwerer Krankheit im Alter von 86 Jahren in Neuss gestorben. Die Karriere an der Pfeife hatte für den Fan des 1. FC Köln 1957 begonnen.

 Hatten 1971 geheiratet: Rolf und Monika Kever.

Hatten 1971 geheiratet: Rolf und Monika Kever.

Foto: Hogekamp, Lena

Rolf Kever war klein, sehr klein sogar. 1,60 Meter vielleicht. Ist aber auch egal, denn Rolf Kever war vor allem eins: der Mann mit den vielen Geschichten rund um den Fußball. Eine neue kommt nun nicht mehr hinzu. Denn am Samstag starb der älteste Schiedsrichter im Rhein-Kreis, der seine Pfeife erst 2018 mit 82 Jahren endgültig aus dem Mund genommen hatte, nach schwerer Krankheit im Neusser St. Augustinus Memory Zentrum.

An seiner Seite wie immer in mehr als 50 glücklichen Ehejahren: Monika Kever. Wie ihr Mann lebt(e) sie für und mit dem 1. FC Köln. Darum rührt es sie, dass sie ihm am Samstag nicht mehr von Anthony Modestes Siegtreffer in der 23. Minute gegen Freiburg berichten konnte. „Da lebte er schon nicht mehr. Er ist mit dem Anpfiff in Köln gestorben.“ Sie weiß, obwohl längst an den Rollstuhl gefesselt, wäre ihr Partner und Seelenverwandter so gerne noch mal zu einem Spiel der Geißböcke ins Stadion gefahren. „Aber dazu hat ihm einfach die Kraft gefehlt.“

Was von ihm bleibt, ist die Erinnerungen an eine wunderbare Zeit, die seine fast an ein Museum erinnernde Wohnung am Marienkirchplatz mit ihren vielen Schätzen lebendig hält. Rolf Kever, seit dem 1. April 1950 Mitglied im VfR 06 Neuss, hat über fast alles in seinem (Sportler-)Leben geradezu akribisch Buch geführt: Sein erstes Länderspiel besuchte er am 14. März 1956, die Niederlande bezwang Deutschland in Düsseldorf mit 2:1. Der letzte Eintrag datiert vom 14. Oktober 2014, da mühte sich die DFB-Elf in der EM-Qualifikation zu einem 1:1 gegen Irland. Das in Gelsenkirchen ausgetragene Match war sein 269. Live-Einsatz. Sein Klarsichthüllen-Archiv führt von 1958 bis 1963 sogar noch sechs Finalbegegnungen um die Deutsche Meisterschaft auf.

Dazu kommen 20 Pokal-Endspiele, 86 Duelle des 1. FC Köln auf internationaler Bühne ... und dann erst die Welt- und Europameisterschaften: 1966 in England, 1970 in Mexiko, 1972 das EM-Finale Deutschland gegen die UdSSR in Brüssel. Fußball pur – und kein Millionengeschäft. Franz Beckenbauer, Sepp Maier, Pelé, Wolfgang Overath, Uwe Seeler, Berti Vogts, Gerd Müller – er kannte sie alle, denn damals waren persönliche Kontakte noch möglich.

Seine Karriere als Schiedsrichter begann am 17. Oktober 1957. Auf einer in Ehren vergilbten Postkarte ist zur Premiere handschriftlich vermerkt: „Norf AI: Rosellen AI 2:5. Platz musste erst markiert werden. Zehner und Butsheim von Norf verwarnt wegen versuchten Schlagens.“ 21 Jahre war er damals alt, inzwischen sind fast sechseinhalb Jahrzehnte vergangen. Dass er sich mit der 1805. Partie tatsächlich verabschieden würde, konnte er am 13. Dezember 2014 noch nicht ahnen. „Weil wegen meiner Diabetes der Blutzucker neu eingestellt werden musste, habe ich eine Pause eingelegt, wollte danach aber eigentlich gerne noch zwei, drei Jahre pfeifen“, erinnerte er sich bei seinem Abschied vor vier Jahren im Gespräch mit der NGZ-Sportredaktion. Doch es kam anders: Ein schlimmer Sturz im Treppenhaus seiner Wohnung machte alle Pläne zunichte. Statt auf den Fußballplatz ging es zur Rückentherapie, selbst die über die Jahre zu einer geliebten Tradition gewordenen Ausflugsfahrten in den Spree- und Schwarzwald waren plötzlich nicht mehr möglich. Doch mithilfe seiner Frau arbeitete er sich noch einmal zurück.

Das Seelenamt wird am Montag ab 9 Uhr in der Pfarrkirche St. Marien gehalten. Die Beerdigung findet ab 10.30 Uhr auf dem Neusser Hauptfriedhof statt.

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