Vor dem Start der Bundesliga Neusser Ringer segeln hart am Wind

Neuss · Neuer Vorstand, frische Ideen, eine junge, entwicklungsfähige Mannschaft – der nach acht Jahren ins Oberhaus der Ringer-Bundesliga zurückgekehrte KSK Konkordia Neuss fühlt sich bereit für ein Abenteuer, dessen Ausgang ungewiss ist.

 Der Sportliche Leiter Fatih Cinar (l.) und Trainer Oleg Dubov (r.) machen Aaron Bellscheidt fit für seinen Einsatz auf der Matte.

Der Sportliche Leiter Fatih Cinar (l.) und Trainer Oleg Dubov (r.) machen Aaron Bellscheidt fit für seinen Einsatz auf der Matte.

Foto: Andreas Woitschützke

Das ist mal ein gelungener Einstieg. Seinen ersten öffentlichen Auftritt als Vorsitzender des Kraftsportklubs (KSK) Konkordia 1924 Neuss würzte Robert Talaska mit einem Zitat von Muhammad Ali, anerkanntermaßen der größte Boxer aller Zeiten: „Champions werden nicht in Trainingshallen gemacht. Champions werden durch etwas gemacht, das sie in sich tragen: ein Verlangen, einen Traum, eine Vision. Sie brauchen außergewöhnliche Ausdauer, sie müssen ein wenig schneller sein, sie brauchen die Fähigkeiten und den Willen. Aber der Siegeswille muss stärker sein als die Fähigkeiten.“

Dass der 39-Jährige mit seiner erst bei der Jahreshauptversammlung am 10. August ins Amt beförderten Führungsmannschaft trotzdem fest auf dem Boden der Realitäten steht, machte die auch von den Sponsoren besuchte Präsentation der Bundesliga-Truppe im Holiday Inn schnell deutlich. Höhenflüge mit hoher Absturzgefahr sind beim KSK, der weiterhin auf die unverzichtbaren Dienste seines Ehrenvorsitzenden Hermann J. Kahlenberg bauen kann, strikt untersagt. Auch im Oberhaus, das der Verein 2012 freiwillig verlassen hatte, halten die Ringer aus der Nordstadt eisern an ihrer Philosophie fest, der Konkurrenz mit Talenten aus eigener Produktion Paroli bieten zu wollen. „Unsere Mannschaft besteht zu 80 Prozent aus Leuten aus der eigenen Jugend“, stellt Talaska, der erst im reifen Alter von 33 Jahren zum Ringen gefunden hatte, nicht ohne Stolz fest. „Da stecken zehn Jahre harter Arbeit drin.“ Und die leisten in Neuss Trainer wie der aus Usbekistan gekommene Oleg Duvov, durch dessen Schule in der vergangenen zwei Jahrzehnten ungezählte Talente gegangen sind. Zum Beispiel Musterknaben wie Deni Nakaev, der für Deutschland längst auch international im Einsatz ist. Der 18-Jährige, seit 2009 beim KSK zu Hause, weiß genau, worauf es ankommt. „Klar, wenn ich morgens um 6 Uhr aufstehen muss, um vor der Schule noch eine Trainingseinheit einzuschieben, würde ich mich manchmal lieber einfach wieder rumdrehen und weiterschlafen. Aber wenn ich mich aufgerafft habe, fühle ich mich gut, weil ich weiß, dass ich wieder einen Schritt in die richtige Richtung getan habe.“

Der mehrfache Deutsche Jugendmeister kommt in der Woche auf bis zu 24 Trainingsstunden – und kann, was Fleiß und Disziplin anbelangt, auf Vorbilder im Klub bauen. Erich Marjalke, seit 1994 eine feste Größe der Konkordia, geht stramm auf die 50 zu, steht aber nicht nur als Trainer noch regelmäßig auf der Matte. „Der Junge ist eine Maschine“, stellt Fatih Cinar voller Bewunderung fest. Dabei ist der 36-Jährige selber fast schon eine lebende Vereins-Legende: Seine sportliche Karriere begann als Sechsjähriger, mittlerweile geht er als Stellvertreter Talaskas und als Sportlicher Leiter vorneweg.

Und steht dabei auf einem festen Fundament, denn Ringen, das hat in Neuss Tradition. Nach Jakob „Kochse Kobes“ Koch († 19. Februar 1918),  zweifacher Welt- und Europameister im griechisch-römischen Stil, ist in Reuschenberg, direkt neben Eissporthalle am Südpark, sogar eine Straße benannt. Unvergessen ist auch der „Große Preis der BRD“ 1988 in eben dieser Halle. „Weltklasse zu Gast in Neuss“, erinnert sich Kahlenberg, KSK-Mitglied seit 1958 und von 1974 bis 2011 dessen Vorsitzender: „Acht Teilnehmer dieser Veranstaltung wurden im selben Jahr Olympiasieger.“

„Dem Ringen in der Region diesen Status zurückzugeben, dafür kämpfen wir“, verspricht Talaska: „So hat Hermann J. Kahlenberg die Devise ausgegeben, 2024 in Paris zum ersten Mal mit einem unserer Ringer an den Olympischen Spielen teilzunehmen.“ Das Gründungsjahr des Kraftsportklubs Konkordia spielt auch in den Plänen des Neusser Bürgermeisters Reiner Breuer („Wir sind stolz, den KSK mit dieser Erfolgsgeschichte in unserer Stadt zu haben.“) eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Seine hoffnungsfrohe Vision: „Bis 2024 wollen wir ein neues Ringerzentrum auf der Neusserfurth fertig haben.“

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