Lokalsport Profis an der Seitenlinie

Früher schnürten sie ihre Handballschuhe in der Bundesliga oder der spanischen Profiliga, heute trainieren sie im Rhein-Kreis Neuss. Gleich fünf ehemalige Hochkaräter sind aktuell bei Amateur-Mannschaften oder im Dormagener Nachwuchs-Leistungszentrum aktiv.

 "Hilft" in Lank: Jürgen Hampel.

"Hilft" in Lank: Jürgen Hampel.

Foto: NGZ

Als Bodo Leckelt im Jahr 2003 im spanischen Bilbao seine Zelte abbrach, um fortan für die damaligen Regionalliga-Handballer der HG Remscheid aufzulaufen, erlitt er einen mittleren Kulturschock. 14 Jahre lang war der gebürtige Dresdener Profi gewesen. Nun war er in der Handball-Provinz angekommen.

 Ex-Weltmeister Pascal Mahé.

Ex-Weltmeister Pascal Mahé.

Foto: NGZ

In der Drittklassigkeit mit ihren alten Schulturnhallen und Spielern, die wahlweise ihre Karriere ausklingen lassen wollten oder es nie ganz nach oben geschafft hatten. Heute trainiert der 39-Jährige die Reserve des TV Korschenbroich in der Landesliga und fühlt sich pudelwohl. Nicht der einzige Spieler mit Erfahrungen aus höheren Ligen in den heimischen Handball-Niederrungen: Neben ihm stehen Jürgen Hampel, Jörg Bohrmann, Hubert Krouß und Weltmeister Pascal Mahé an den Seitenlinien im Rhein-Kreis.

 Nach 14 Jahren im Profigeschäft nun in der Landesliga angekommen: Bodo Leckelt.

Nach 14 Jahren im Profigeschäft nun in der Landesliga angekommen: Bodo Leckelt.

Foto: NGZ

Und so groß die Umgewöhnung anfangs war, Leckelt lernte schnell die schönen Seiten der "kleinen Handballwelt" zu schätzen: "Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben richtige Vereinsstrukturen kennengelernt. Als Profi kannte ich außerhalb des Teams maximal den Manager und jemandem vom Hauptsponsor", erinnert sich Leckelt, der schon seit seinem zwölften Lebensjahr fünf Mal die Woche trainierte und nur für den sportlichen Erfolg lebte.

 Hubert Krouß trainiert den Neusser HV.

Hubert Krouß trainiert den Neusser HV.

Foto: NGZ

Mit 13 kam er dann auf die Kinder- und Jugendsportschule in Ostberlin, absolvierte nun bis zu zehn Trainingseinheiten in der Woche. Bis in die Jugend-Nationalmannschaft der DDR und später auch in die des wiedervereinten Deutschlands schaffte es ehrgeizige Handballer. Es folgte eine typische Karriere: Wechsel zum Bundesligisten nach Suhl, von dort in den Westen, bis es ihn 2002 nach Spanien verschlug.

Trotzdem war der Gang in die unteren Ligen für ihn kein Rückschritt, sondern vielmehr ein Neuanfang. "Ich habe gelernt, was Vereinsliebe wirklich bedeutet. Hier ist der Kontakt zu den Wurzeln des Sports viel größer als im Profigeschäft." Zwar könne er sich vorstellen, eines Tages noch mal bei den Profis zu arbeiten, als selbstständiger Investmentbanker bleibt aber kaum Zeit.

Auch Jürgen Hampel, Trainer beim Verbandsligisten TuS TD, Lank, schnürte seine Schuhe einst in der deutschen Eliteliga. 60 Spiele machte der heute beim Düsseldorfer Jugendamt beschäftigte Hampel in der Bundesliga für Düsseldorf und Wanne-Eickel. Doch so schön die Zeit auch war, heute fühlt er sich in der Rolle des Amateurtrainers genau richtig: "Ich möchte mit den Bundesligatrainern nicht tauschen.

Jetzt habe ich meinen ganz normalen Beruf und kann nebenbei noch einem kleinen Verein helfen", sagt Hampel, der seine aktive Karriere in der Regionalliga ausklingen ließ, bevor er über seine ersten Trainerstationen bei den Oberligisten TV Kapellen und VfL Gladbeck beim Meerbuscher Verbandsligisten ankam. Für Hampel jedoch kein Abstieg, da es für ihn nicht auf die Spielklasse, sondern auf die "Voraussetzungen und die Philosophie des Vereins" ankomme. Und da diese in Lank ideal seien, gucke er auch nicht neidisch auf die Profitrainer. "Unser Konzept, ohne Geld mit Spielern aus dem eigenen Nachwuchs zum Erfolg zu kommen, ist genau richtig." Und wenn das dann eben "nur" für die fünfte Liga reiche, sei das auch kein Problem.

Eine völlig andere Herangehensweise hat Jörg Bohrmann, der 227 Tore in 146 Bundesligaspielen für Wallau-Massenheim, Niederwürzbach und Nettelstedt erzielte. Auch Bohrmann ist heute nicht mehr bei den Profis aktiv, sondern aktuell U 15-Trainer und Leiter des Jugendleistungszentrum bei Bayer Dormagen, wo er sich gemeinsam mit Weltmeister Pascal Mahé um den Nachwuchs kümmert. Im Gegensatz zu Leckelt, Hampel und Krouß, der beim TV Korschenbroich in der Regionalliga spielte und heute den Oberligisten Neusser HV trainiert, arbeiten Bohrmann und Mahé aber immer noch hauptberuflich als Trainer und sind im Leistungssport aktiv.

Fünf Jahre lang leitete er den Nachwuchsbereich in Sittard und führte die A-, B- und C-Jugendlichen zu zahlreichen niederländischen Titeln. Bohrmann: "Mir hat die Arbeit mit ehrgeizigen Jugendlichen immer Spaß gemacht. Und hier in Dormagen haben wir in den vergangenen Jahren schon sehr viel erreicht." Auch dank ihm und seiner Glaubwürdigkeit bei den Talenten. "Natürlich hören die Jungs ganz anders zu, wenn ihnen ein zweimaliger Europapokalsieger etwas erklärt."

Das weiß auch Leckelt, der den Unterschied der Trainingsarbeit zwischen Profi- und Landesliga nicht überbewerten will: "Die Jungs sind Amateure, aber trotzdem keine Thekenmannschaft. Auch in der Landesliga hat man Ansprüche."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort