Olympische Spiele in Tokio Letzte Chance für Dormagens Fechter

Dormagen · Mit dem Mannschaftswettbewerb der Säbelfechter geht bei den Olympischen Spielen eine Ära zu Ende. Das letzte Hurra soll für Max Hartung, Benedikt Wagner, Matyas Szabo und Richard Hübers mit der ersehnten Medaille enden.

 Matyas Szabo jubelt nach seinem Sieg im Einzel über Bon-Gil Gu. Auf Korea würde er mit Deutschland im Teamwettbewerb wohl im Halbfinale treffen.

Matyas Szabo jubelt nach seinem Sieg im Einzel über Bon-Gil Gu. Auf Korea würde er mit Deutschland im Teamwettbewerb wohl im Halbfinale treffen.

Foto: dpa/Andrew Medichini

Der letzte Tag vor dem Mannschaftsentscheid der Säbelfechter bei den Olympischen Spielen in Tokio war eigentlich wie immer vor großen Wettkämpfen verlaufen. Zum Abschluss der konzentrierten Vorbereitung auf das Viertelfinale, in dem am Mittwoch das Team des Russischen Olympischen Komitees (ROC) wartet (ab 4.25 Uhr MESZ), hatte Bundestrainer Vilmos Szabo seine Schützlinge noch einmal zur Videoanalyse zusammengerufen. Business as usual, alles wie gewohnt.

Eben gerade nicht. Als sich die eingeschworene Säbelcrew vom Dormagener Höhenberg am Abend auf den Weg ins Olympische Dorf machte, raunte Richard Hübers seinem neben ihm gehenden Teamkollegen Benedikt „Peter“ Wagner leise zu: „Das war unser letztes Training.“ Stimmt. Ganz egal, wie die im K.o.-Format zu entscheidende Medaillenrunde ausgeht, für Max Hartung, Wagner und Hübers ist danach Schluss mit dem Leistungssport, dem sie ihr halbes (bisheriges) Leben gewidmet haben. Nur Matyas Szabo will bis Paris 2024 weitermachen. Für alle anderen ist es auch die letzte Chance, ihre von Welt- und Europameistertiteln geadelte Laufbahn mit olympischem Edelmetall zu krönen. „Natürlich ist uns das bewusst“, sagt Wagner, fügt indes hinzu: „Das ist für Mittwoch aber einfach nicht relevant. Ich messe daran ja nicht meine ganze Sportkarriere.“

Öffentlich besonders im Fokus steht Hartung, der im September als studierter Politologe, Soziologe und Wirtschaftsfachmann Geschäftsführer der Sportstiftung Nordrhein-Westfalen wird. Am Samstag im Einzel hatte der Fünfte der Weltrangliste freilich ebenso enttäuscht wie seine beiden Kameraden. Er fände es „total geil, wenn wir im Mannschaftswettkampf das zeigen können, was wir draufhaben“, sagt er darum bestimmt. Die Jungs des TSV Bayer sollen die bislang trostlose Bilanz des in Tokio noch medaillenlosen Deutschen Fechterbundes aufhübschen. Mal wieder. Wagner kennt das: „Wir waren von Anfang an das Team mit den größten Medaillenchancen sowohl im Einzelwettbewerb als auch mit der Mannschaft. Wir sind seit gut sechs Jahren das erfolgreichste Team im Verband.“ Genau darum legt DFB-Sportdirektor Sven Ressel die Messlatte auch so hoch. „Wir wollen um die Medaillen kämpfen, das ist klar“, sagte er. „Wir haben eine homogene Truppe. Jeder ist für sich stark genug, um dem Druck standzuhalten.“

Schade nur, dass die Säbelfechter das bei Olympia ganz entscheidend veränderte Regelwerk ausbremst. Im Normalfall wäre nämlich der nur mit einer P-Akkreditierung ausgestattete Hübers viel mehr als ein reiner Feuerwehrmann für den Notfall. Doch flexibel einsetzbar ist der 28-Jährige in Tokio nicht. Im Gegensatz zu Welt- und Europameisterschaften ist nämlich nur ein Wechsel möglich – und der gilt dann für das ganze (restliche) Turnier. Eine Verletzung wäre darum fatal und bei der vorgeschriebenen Dreier-Rotation gleichbedeutend mit dem Aus. Zu verstehen mag das auch Wagner nicht: „Da ist keine Logik hinter. Das ist einfach so, so unbefriedigend das ist.“

Zum Auftakt geht es gegen die Russen. Beim in Budapest ausgetragenen Weltcup-Turnier unterlagen Hartung & Co. der „Sbornaja“ Mitte März im Finale nach dramatischer Aufholjagd  (noch ohne Wagner) mit 43:45, schlugen im Halbfinale aber den Weltranglistenersten Korea um Sanguk Oh mit 45:41. Prognosen machen deshalb keinen Sinn. Ziemlich klar ist Wagner nur, dass sich die Koreaner in ihrem Viertelfinale gegen den Sieger aus dem einzigen Achtelfinal-Duell Japan gegen Ägypten durchsetzen dürften. „Aber danach wird es in allen Gefechten, gleich ob Ungarn gegen die USA, Italien gegen den Iran oder Russland gegen uns, richtig was zu sehen geben.“ Bei der Heim-EM 2019 in Düsseldorf hatten Hartung, Szabo, Wagner und der Werbacher Björn Hübner-Fehrer (für den verletzten Hübers) den Titel geholt.

Was auch immer passiert. Am Freitag ist Olympia 2020/21 für die gefühlt schon immer zur Weltspitze gehörenden Säbelfechter des TSV Bayer Dormagen Geschichte, gegen 9.30 Uhr hebt am Tokyo International Airport der Flieger Richtung Heimat ab – mit oder ohne Medaille ...

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