Olympia 2021 Goldene Fecht-Generation sagt ohne Medaille ade

Dormagen · Die Säbelfechter des TSV Bayer Dormagen bleiben bei Olympia unvollendet. Im Kampf um Bronze unterliegen Max Hartung, Benedikt Wagner und Richard Hübers Ungarn. Matyas Szabo muss im Halbfinale verletzt raus.

 Ein bitterer Moment in der Makuhari Messe Hall B: Die deutsche Mannschaft mit Richard Hübers, Max Hartung, dem verletzten Matyas Szabo und Benedikt Wagner (v.l.) verlässt nach der Niederlage gegen Korea die Planche.

Ein bitterer Moment in der Makuhari Messe Hall B: Die deutsche Mannschaft mit Richard Hübers, Max Hartung, dem verletzten Matyas Szabo und Benedikt Wagner (v.l.) verlässt nach der Niederlage gegen Korea die Planche.

Foto: dpa/Oliver Weiken

Genau um 12.11 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit setzte Áron Szilágyi am Mittwoch im kleinen Finale der Olympischen Spiele im Duell mit Max Hartung den entscheidenden Treffer zum 45:40-Erfolg der Ungarn und beendete damit eine Ära am Bundesstützpunkt Dormagen. Schon vor dem Abflug nach Tokio hatte Matyas Szabo mit Blick auf das angekündigte  Laufbahnende seiner über die Jahre zu Freunden gewordenen Vereinskollegen Benedikt „Peter“ Wagner, Richard Hübers und Max Hartung festgestellt: „Hier wird sich in Zukunft einiges ändern.“

Dass ausgerechnet der 29-Jährige – nun der letzte verbliebene Säbelfechter aus der „Goldenen Generation“ des TSV Bayer Dormagen – im Kampf um Bronze gar nicht dabei war, passte zum Drehbuch, in dem das eigentlich mehr als verdiente Happy End nicht vorkam. Nichts gegen seinen Ersatzmann Richard Hübers, der sich leistungsmäßig ganz sicher auf ähnlich hohem Niveau bewegt, aber mit Szabo im Team wäre nach dem am Ende lockeren 45:28-Auftaktsieg über das „Russische Olympische Komitee“ (ROC) womöglich sogar der Einzug ins Finale drin gewesen. Denn vor allem der im rumänischen Brasov geborene Sportsoldat hatte sich im Halbfinale gegen den Weltranglistenersten und späteren Olympiasieger Südkorea bärenstark präsentiert – und damit markigen Worten Taten folgen lassen. Seine Ankündigung nach dem frühen Aus der Dormagener im Einzelwettbewerb: „Jetzt geht’s erstmal in die Eistonne und am Mittwoch zeigen wir mit der Mannschaft, wie gut wir sind!“ Er gewann seine ersten beiden Gefechte gegen Bon-Gil Gu (5:2) und Junghwan Kim (9:4) souverän. Trotzdem gingen die Koreaner, die mit 6:10, 11:15 und 29:30 zurückgelegen hatten, mit einer 40:37-Führung ins finale Gefecht zwischen dem in der Einzel-Weltrangliste führenden Sanguk Oh und Szabo. Und dann das: Beim Rückstand von 40:42 zog sich der selbstbewusste Dormagener auf der Planche weit zurück, kassierte dafür einen Gegenpunkt und – viel schlimmer – fiel dabei so unglücklich in den Spagat, dass er sich eine schmerzhafte Verletzung im Adduktorenbereich zuzog. Das so bittere Aus für seinen Sohn ließ natürlich auch Bundestrainer Vilmos Szabo nicht unbeeindruckt. Sein Kommentar: „Matyas hat klasse gefochten, hatte die Chance, uns ins Finale zu bringen. Dass er dann durch eine Verletzung gestoppt wird, ist tragisch.“ Der Unglücksrabe flüchtete sich derweil in Galgenhumor: „Eigentlich wollte ich das immer für die Zuschauer machen. Das sieht ja auch cool aus. Aber das war irgendwie eine doofe Idee.“

Damit musste Hübers, bis dahin in Tokio noch ohne Einsatz, ran. Und weil bei Olympia nur ein personeller Wechsel erlaubt ist, war klar, dass der 28-Jährige auch im nächsten Kampf auf der Planche stehen würde. Beim Kaltstart (40:43) landete er zwei Treffer, vermochte aber nicht zu verhindern, dass sich die favosierten Koreaner mit 45:42 durchsetzten und ins Finale einzogen.

Bei den vom Missgeschick ihres langjährigen Weggefährten offensichtlich bis ins Mark getroffenen Jungs vom Höhenberg ging danach erstmal gar nichts mehr. Nach Hübers Fehlstart gegen Szilágyi (1:5) erreichte lange keiner auch nur ansatzweise Normalform. Erst als vor dem letzten Duell beim deprimierenden Zwischenstand von 26:40 längst alles verloren schien, zauberte Hartung die alte Magie zurück. Mit einer Punkte-Rallye von 10:2 brachte er Deutschland zunächst auf 36:42, kurz darauf gar auf 40:43 heran. „Ich habe gespürt, dass Szilagyi kein Rezept gegen mich hatte. Leider war der Rückstand am Ende zu groß.“ Doch dies war kein Tag für Heldengeschichten. Mit zwei Treffern zitterte der sichtlich erleichterte Ungar die Bronzemedaille nach Hause.         

Daheim am Livestream zog TSV-Fechtkoordinator Olaf Kawald trotzdem stolz Bilanz: „Nichts ist bei Olympia undankbarer als der vierte Platz. Aber wie die Jungs Russland von der Planche gefegt und die absoluten Favoriten aus Korea an den Rand einer Niederlage gebracht haben, war schon klasse.“

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