Lokalsport Ohne Gegenwehr

Beinahe kampflos ergab sich Tennis-Bundesligist BW Neuss bei der 1:5-Niederlage im Rochusclub in sein Schicksal. Die Verantwortlichen scheinen alles auf einen Sieg am letzten Spieltag zu setzen – eine riskante Rechnung.

Beinahe kampflos ergab sich Tennis-Bundesligist BW Neuss bei der 1:5-Niederlage im Rochusclub in sein Schicksal. Die Verantwortlichen scheinen alles auf einen Sieg am letzten Spieltag zu setzen — eine riskante Rechnung.

Ist es Mut? Ist es Verzweiflung? Ist es ein bewusstes Spiel mit dem Risiko? Beim TC Blau-Weiss Neuss scheinen die Verantwortlichen in bester Casino-Manier alles auf einen "Show-Down" am letzten Spieltag der Tennis-Bundesliga zu setzen, der am Samstag ab 13 Uhr den TK Grün-Weiss Mannheim an die Jahnstraße bringt. "Jetzt greifen wir Sponsoren noch einmal ins Portemonnaie, dann schlagen wir Mannheim und alles ist gut", kündigt Dr. Udo Titz, Geschäftsführer der Segro Deutschland an, der sich selbst als "Mini-Sponsor" des Deutschen Rekordmeisters bezeichnet.

Eine Rechnung, die Karl-Heinz Baum Bauchgrimmen verursacht. "Selbst wenn genug Geld zusammen kommen sollte — das heißt ja noch lange nicht, dass auch die entsprechenden Spieler verfügbar sind", sagt der Neusser (CDU-) Politiker, der als Mitglied im Bundesliga-Ausschuss der Blau-Weissen nicht unmaßgeblich an der Sponsorensuche für das Unternehmen Tennis-Bundesliga beteiligt ist.

Er fürchtet: "Ein Abstieg könnte das Ende des Leistungstennis in Neuss bedeuten. Ich weiß nicht, welche Sponsoren dann bei der Stange bleiben." Zumal die Verträge mit zwei nicht ganz unwichtigen Unterstützern — Sportartikelhersteller Asics Deutschland GmbH und die Bitburger-Brauerei — am Ende dieser Spielzeit auslaufen.

Gerade deshalb, sagt Dr. Udo Titz, sei es besser, "jetzt mit Ach und Krach die Liga zu halten als einen Neuanfang in der Zweiten Liga zu versuchen." Der Glehner, der selbst mit den Herren 55 der DJK Holzbüttgen in der Regionalliga spielt, appelliert deshalb an die Tennisfans rund um Neuss: "Am Samstag brauchen wir jede Hand zur Unterstützung."

Vielleicht sollte er diesen Appell auch mal in der Umkleidekabine kundtun. Wie eine Mannschaft, die um den Klassenerhalt kämpft, wirkte das blau-weisse Ensemble gestern vor fast 4000 Zuschauern im Düsseldorfer Rochusclub nicht. Im Gegenteil: Nach nicht einmal 180 Minuten standen die Gastgeber bereits als Sieger fest, führten nach vier Einzeln, in denen die Neusser einen einzigen Satz für sich entschieden, uneinholbar mit 4:0.

Dabei hatte der Düsseldorfer Teamchef Detlev Irmler noch nicht mal seine Bestformation auf die Asche am Rolander Weg geschickt. Evgeny Korolev, Alberto Martin, Pablo Andujar und Pere Riba-Madrid stehen auf dem Meldezettel des Tabellendritten an den Positionen sechs, sieben, acht und neun verzeichnet.

Trotzdem erteilten sie den Neussern, die in Person von Marcel Granollers, Jesse Huta Galung, Tomas Tenconi und Matwe Middelkoop ihre nominellen Nummern drei, sieben, acht und zehn ins Punkterennen geschickt hatten, phasenweise Lehrstunden. Das galt vor allem für das Spitzeneinzel, in dem Evgeny Korolev — der Russe wird in der ATP-Weltrangliste auf Position 86 geführt — mit Marcel Granollers (ATP 98) kurzen Prozess machte: Das 6:2, 6:4 war bereits der fünfte Siege Korolevs im siebten Bundesliga-Einsatz.

Solche Kontinuität sucht man auf Seiten der Blau-Weissen vergebens. Immerhin auf eine 3:3-Bilanz kann Jesse Huta Galung verweisen, der gestern Alberto Martin den ersten Satz zu Null abnahm, nur um im weiteren Verlauf mit 3:6 und 8:10 den Kürzeren zu ziehen, nachdem er im Champions-Tiebreak noch einmal von 1:5 auf 7:8 verkürzt hatte. Für Ballwegschlagen handelte sich der Niederländer eine Verwarnung des Schiedsrichters ein — solche Emotionen sind selten im Neusser Team.

Die zweitmeisten Einsätze hinter Huta Galung haben Tomas Tenconi (ein Sieg/vier Niederlagen) und der gestern unabkömmliche Daniel Gimeno-Traver (3:2) vorzuweisen — alle anderen haben vier oder weniger Saisonspiele bestritten. "So kann sich auch kein Mannschaftsgefühl entwickeln", findet Karl-Heinz Baum. Genau das aber könnte im Abstiegskampf den Ausschlag geben. Ein Sieg ist ohnehin Pflicht am Samstag — doch nur, wenn er höher ausfällt als 4:2, kann den Neussern das Resultat aus Bremerhaven (gegen Espelkamp) egal sein.

(RP)
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