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Vortmann wechselt zu Dormagen „Noch bin ich Berliner“

Die Situation ist ein bisschen kurios: Bislang saß Jens Vortmann meist auf der Bank, wenn die Füchse Berlin zu Punktspielen in der Handball-Bundesliga aufliefen. Doch ausgerechnet heute - Anwurf ist um 19.30 Uhr im TSV-Sportcenter - wenn der Tabellenzehnte bei Vortmanns künftigem Arbeitgeber TSV Dormagen gastiert, könnte der 21-Jährige zwischen die Pfosten und damit in den Mittelpunkt des Geschehens rücken.

 Jens Vortmann freut sic h auf die neue Herausforderung in Dormagen - doch heute Abend steht der Berliner noch auf der anderen Seite.

Jens Vortmann freut sic h auf die neue Herausforderung in Dormagen - doch heute Abend steht der Berliner noch auf der anderen Seite.

Foto: NGZ

Denn die Berliner Nummer eins, der 90-fache tschechische Nationaltorhüter Petr Stochl, laboriert an einer Ellbogenverletzung. Hinter dem Einsatz des 32-Jährigen steht laut Pressedienst der Füchse zumindest ein Fragezeichen.

Jens Vortmann geht mit dieser Situation gelassen um: "Sicher ist das etwas Besonderes", gibt der 21-Jährige zu, der mit der Junioren-Nationalmannschaft Europameister und Vize-Weltmeister wurde, "aber ob ich wirklich spiele, weiß ich nicht. Das entscheiden andere."

Selbst wenn ihn Trainer Jörn-Uwe Lommel, der selbst 1987/88 in 25 Erstliga-Spielen als Rechtsaußen das Dormagener Trikot trug, heute Abend aufstellen sollte, wird er das Kapitel Vereinswechsel für 60 Minuten ausblenden: "Noch bin ich Berliner", stellt Jens Vortmann klar, "und ich werde alles dafür tun, mit den Füchsen möglichst jedes Spiel zu gewinnen. Auch das gegen Dormagen."

Schließlich verlässt er den Klub, zu dem er vor drei Jahren vom BFC Preußen wechselte, ja auch nicht im Groll. "Jens hat die Chance, sich in Dormagen zu entwickeln, vielleicht kommt er ja eines Tages als die große Verstärkung zu uns zurück", wird Füchse-Manager Bob Hanning im "Tagesspiegel" zitiert. Warum Vortmann trotzdem seine Geburts- und Heimatstadt verlässt, hat einen einfachen Grund: "Ich will mehr spielen als in Berlin", sagt der 21-Jährige. Da die Füchse sich für die nächste Saison die Dienste von WM-Held Silvio Heinevetter (Magdeburg) gesichert haben, sind die Aussichten für ihn eher gering, auch wenn ihm der "Tagesspiegel" nach dem Berliner 35:21-Sieg über TuSEM Essen, bei dem Vortmann fast 60 Minuten zwischen die Pfosten durfte, bescheinigte, "ein erstklassiger zweiter Mann" zu sein.

Um mehr spielen zu können, würde er auch in Kauf nehmen, in der nächsten Saison nur noch zweitklassig zu sein - sein Vertrag gilt auch im Falle eines Abstiegs. "Natürlich hoffe ich, dass Dormagen drin bleibt, am besten direkt und nicht über die Relegation - und ich traue ihnen das auch zu", sagt der erste Zugang, den der Aufsteiger vermelden kann.

Ein Eindruck, der sicher auch aus dem Hinspiel rührt, das die Berliner nicht zuletzt dank einer starken Leistung von Peter Stochl nur knapp mit 28:27 gewannen: "Da haben die wirklich sehr gut gespielt", urteilt Vortmann über den TSV und glaubt, "dass es heute auch nicht einfacher wird."

Ausschlaggebend, dass er dem TSV den Zuschlag gab, waren drei Gründe: Einmal fand er "die Verantwortlichen, mit denen ich gesprochen habe, auf Anhieb sympathisch". Zweitens "überzeugt mich das sportliche Konzept." Und drittens ist da der neue Torwarttrainer Andreas Thiel, den er von dessen Arbeit mit der Junioren-Nationalmannschaft kennt: "Darauf freue ich mich sehr", sagt Jens Vortmann. Eine Freude, die auf Gegenseitigkeit beruht - der "Hexer" hat sich für heute Abend als Zuschauer im TSV-Sportcenter angesagt.

Für all das nimmt Jens Vortmann in Kauf, "eine Weltstadt wie Berlin" mit dem Rheinland zu vertauschen: "Klar ist ein bisschen Wehmut dabei, aber ich freue mich auf etwas Neues, ich nehme die Herausforderung gerne an. Man kann doch nicht sein ganzes Leben auf einem Punkt hocken bleiben." Und auch damit, sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik nach zwei Semestern zu beenden, hat er kein Problem.

Stattdessen will er in Köln eines zum Wirtschaftsingenieur beginnen. Eher ungewöhnlich für einen Handballprofi. "Doch das liegt bei uns in der Familie, wir sind alle naturwissenschaftlich veranlagt", sagt Jens Vortmann. Außerdem sei das ein guter Ausgleich zum Handball: "Man kann sich doch nicht den ganzen Tag nur mit Sport beschäftigen." Beim TSV dürfte er da gut aufgehoben sein.

(NGZ)
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