American Football Niklas Römer ist Europameister im Football

Neuss · Der 26 Jahre alte Uedesheimer schlägt mit Deutschland im Endspiel vor 27 000 Zuschauern Gastgeber Österreich mit 30:27.

Als die Österreicher auf den Platz kommen, stockt Niklas Römer kurz der Atem. Nicht, dass sich der 26 Jahre alte Neusser von der Qualität des Football-Nationalteams aus den Alpen bangemachen ließe. Aber die 27 000 Fans im legendären Ernst-Happel-Stadion von Wien machen einen Lärm, wie es der deutsche Nationalspieler in der heimischen Liga noch nicht erlebt hat. "Man hat sein eigenes Wort nicht mehr verstanden", erinnert sich Römer auch einige Tage danach noch an die Minuten vor dem Europameisterschafts-Finale.

Doch davon beirren lassen sich weder sein Team noch Römer selbst. Wenige Stunden später recken sie den Pokal in den Wiener Nachthimmel. Deutschland ist Europameister. Wie schon 2010. Und wieder ist der Uedesheimer der entscheidende Mann. Bereits vor vier Jahren wurde der Sohn des Ex-Fußball-Profis und späteren Spielertrainers des SV Uedesheim, Dirk Römer, zum wertvollsten Spieler der EM gewählt. Nun läuft er für die entscheidenden Punkte mit dem Football-Ei in die Endzone.

Ein "ziemlich geiles Gefühl" sei das gewesen, sagt Römer, dem es völlig egal war, dass es um diesen Lauf noch stundenlange Diskussionen gibt. Die Österreicher fühlen sie betrogen. Denn eigentlich hatten sie die Deutschen gestoppt. Vier Versuche hat jede Mannschaft, den Ball zehn Yards (knapp 9,15 Meter) näher an die gegnerische Endzone heranzubringen. Gelingt das, gibt es neue vier Versuche. Das hatten die Gäste aber nicht geschafft, Österreich hätte den Ball wieder bekommen müssen. Doch dann entscheiden die Schiedsrichter wegen einer Unsportlichkeit der Gastgeber auf erneute vier Versuche für die Deutschen. Mit dem zweiten läuft Römer zum 30:27 in die Endzone.

"Ich denke trotzdem nicht, dass wir bevorzugt wurden. Früher im Spiel haben sie diese Strafe auch gegen uns ausgesprochen", sagt Römer, der sich nun endgültig in der Elite der deutschen Football-Szene etabliert hat. Was umso überraschender ist, weil er vor gerade mal zehn Jahren zum ersten Mal bei den Neuss Frogs zum Training geht. Seitdem erlebt er einen beispiellosen Aufstieg. Von Neuss aus wechselt er zu den Cologne Falcons in die zweithöchste Liga, von dort geht es 2010 zu den Düsseldorf Panthers in Liga eins. Im gleichen Jahr fallen dem Nationalteam beim Spiel gegen Japan kurzfristig Spieler aus. Und weil das Match in Düsseldorf steigt, nominiert der Bundestrainer aus Zeitgründen einen Spieler aus der Stadt nach. Es ist Römer, der sich gut verkauft und deswegen mit zur EM darf. Dort wird er zum Shootingstar und wechselt 2012 zum Rekordmeister Braunschweig, wo er großen Anteil am nächsten Titelgewinn hat. Nun, bei der EM in Österreich, zeigt sich der Wide Receiver - der dafür zuständig ist, die Pässe des Quarterbacks zu fangen, sich gegen die gegnerische Verteidigung durchzusetzen und in die Endzone zu rennen - wieder von seiner besten Seite.

Römer selbst macht um sich und seine Rolle im Team aber trotzdem kein Aufsehen. Zwar sei er nun etwas lauter und selbstbewusster als vor einigen Jahren. Aber dass er besser oder gar wichtiger sei als andere, will er nicht bestätigen. Das würde auch nicht zu einem Sport passen, der in Deutschland zwar einige tausende Fans in die Stadien der "German Football League" (GFL) lockt, aber keine Spieler kennt, die davon reich werden. Selbst Römer nicht, der nebenbei Fitness-Ökonomie studiert und in einem Studio in Braunschweig arbeitet.

Den Kontakt nach Uedesheim hält er trotzdem. Seine Fernuni sitzt in Neuss und Köln, alte Freunde und Familie sieht er regelmäßig. Das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Denn ein millionenschweres Engagement in den USA wird er nicht mehr bekommen. Die Unterschiede sind zu groß. Zwar werde in Braunschweig sehr professionell gearbeitet, "aber das Ausland geht allein schon vom Privaten nicht", sagt Römer, der in Braunschweig seine Freundin kennenlernte und ab 2015 sein Masterstudium beginnen wird. So wird er dem deutschen Football also noch erhalten bleiben. Und sich alle paar Jahre auf die Höhepunkte vor Zehntausenden Zuschauern freuen.

(bes)
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