Handball NHV hat zu viel Ausfälle
Neuss · Statt sich vorerst aus dem Tabellenkeller der Dritten Liga West abzusetzen, leistet der Neusser HV Schlusslicht Ratingen Aufbauhilfe.
Dass der Neusser HV als "psychologischer Favorit" in ein Drittligaspiel geht, kommt nicht allzu oft vor. Gegen Tabellenschlusslicht SG Ratingen war der NHV dieser Aufgabe nicht gewachsen und verlor bei der 25:29-Heimpleite (11:15) wieder mal ein Spiel im Kopf.
Wie es um das Nervenkostüm und die Selbsteinschätzung der Gäste bestellt war, verriet allein die Rhetorik von SG-Trainer Richard Ratka auf der Pressekonferenz. Von einem "kleinen Wunder" sprach er, von "schwierigen letzten Wochen" und von der Erleichterung, "endlich wieder Boden unter den Füßen zu haben." Der Aufsteiger war in den vergangenen Wochen durch ein Stahlbad gegangen und verlor bei den jüngsten drei Pleiten im Schnitt mit mehr als neun Toren Rückstand.
Den nötigen Druck auf die vor allem in der Deckung arg limitierten Ratinger entfachte der NHV allerdings nur in zwei zehnminütigen Phasen nach Beginn der beiden Hälften. Ansonsten fehlte es an Bewegung, Handlungsschnelligkeit und einmal mehr auch Konzentration. Neuss hatte - mal abgesehen von den Verletzten - einfach zu viele Ausfälle auf der Platte. Angefangen beim am Samstag glücklosen Torhüterduo Mikkel Moldrup und Jascha Schmidt, der sich gefühlt sechs Mal das gleiche Gegentor fing, zog sich das bis zum häufig in Manndeckung genommenen Rückraumduo Ivan Cosic und Christopher Klasmann, das es auf vier Tore aus dem Spiel brachte.
Dabei bewies Neuss gleich mit dem Anwurf, wie man die schwerfällige Gästeabwehr mit Tempo auseinander ziehen kann, lag schnell mit 3:0 in Front (4. Minute) - und ließ dann Stück für Stück nach. Nach dem Ratinger 8:8-Ausgleich durch Ben Schüttes Siebenmeter ging der NHV das ganze Spiel über nicht mehr in Führung und gab auch Trainer René Witte, der im übrigen 20 Neusser Fehlwürfe gezählt hatte, Rätsel auf: ". Ich frage mich, wo unser Fahrplan heute geblieben ist. Wir haben uns heute nicht daran gehalten und sind zurück in alte Muster gefallen." Umso bitterer, da sich sein Team durch Siege in Korschenbroich und Duisburg gerade erst aus dem Tabellenkeller gearbeitet hatte.
Die nötige Bewegung vermisste der Coach: "Unser Spiel ohne Ball war viel zu langsam." Ratingen zog bis zur Halbzeit auf vier Tore davon, geriet danach aber wieder ins Schwimmen. Das lag vor allem am überragenden Dennis Aust, der das Spiel nun vollkommen an sich riss, nach der Pause alle seine sieben Treffer erzielte und alle drei Treffer von Rechtsaußen Viktor Fütterer auflegte. Unterstützung seiner restlichen Nebenmänner suchte Aust allerdings vergeblich. Neuss kam auf 19:20 (46.) und 21:22 (51.) heran, konnte aber nicht mehr ausgleichen und betrieb so Aufbauhilfe für einen Konkurrenten, den man zu Hause einfach schlagen muss. In Anlehnung an Ratka befand Witte: "Ich dachte eigentlich, dass wir wieder Boden unter den Füßen haben. Da habe ich mich wohl getäuscht."